Religion
und
Verfassung.
ll
sie
waren
sehr weit
entfernt
V01]
der
Weichlichkeit
derner Menschenliebe; es fiel ihnen nicht ein , einem
Jeden, vermöge menschlicher Geburt, die Rechte des
Bürgers zuzusprechen. Nur der Freigeborene und Edle,
den nicht gemeine Bedürfnisse und Beschäftigungen in
seiner Ausbildung hemmten, hatte eine Stimme über die
öffentlichen Angelegenheiten. Nicht bloss die Fremdlinge
waren ausgeschlossen, sondern in den meisten und bessern
Staaten auch die Ivlandwerker und Krämer. Sclaven
waren nothwendig, damit der Bürger Musse für die Ge-
schäfte der Stadt habe. Auch in Griechenland unterschied
man demokratische und aristokratische Staaten, je nachdem
der Begriff des Vollbürgers weiter ausgedehnt oder die
WVirksamkeit der Volksgemeinde für einzelne Fälle durch
Vorrechte gewisser Geschlechter oder Beamten mehr
beschränkt War. Allein auch jene Demokratien unter-
schieden sich noch himmelweit von dem, was man in
neuern Theorien darunter verstanden hat; die Zahl. der
stimmfähigen Bürger war überall von der Zahl der Be-
wohner sehr verschieden; ein gewisser Adel, die Bessern
und Vermögendern , besass überall die Gewalt. Wir
müssen daher die griechischen Republiken sämmtlich als
Aristokratien, Wiewohl als natürliche, nicht durch be-
wusste Satzungen gebildete, bezeiclmen, und diese Herr-
schaft des IIöhern, Edlern, Geistigern ist einer der we-
sentlichsten Züge des griechischen Sinnes.
Diese Bemerkungen über die allgemeinen Lebensver-
hältnisse der Griechen mögen hier genügen, um sogleich
zur Baukunst überzugehen, in welcher sich ebenso die
allgemeinen Grundverhältnisse ihrer aesthetischen An-
schauung darlegen.