Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Würdigung 
des 
bildnerischen 
Styls. 
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lieh, dass auf einem Boden, der auf diese WVeise vom 
Unkrautc reingehalten wurde, das Nützliche und Edle 
frei empor Wachsen musste. So rühmt Lucian an einer 
andern Stelle das Vergnügen, welches dem Beschauer 
dieser Spiele dadurch entstände, wenn er nicht bloss die 
Schönheit der Leiber, die bewundernswürdige Wohlge- 
stalt, die gewaltigen Fertigkeiten und die unbekämpfbare 
Kraft, sondern auch die Kühnheit und Ehrliche, die un- 
bezwungene Gesinnung und den unermüdlichen Eifer für 
den Sieg beobachte. So preisen auch die Pindarisehen 
Oden weniger die Körperkraft als die Frömmigkeit und 
Tugend des Siegers, die Scheu vor Uebermuth und Un- 
mässigkeit, die Ehrfurcht vor dem Gesetze und den 
Aeltern, die edle Gesinnung gegen Freunde und Fremd- 
linge, den würdigen Gebrauch des Reichthlnns. Durch 
die Gymnastik entfaltete sich also die Freiheit und Eigen- 
thümlichkeit der Charaktere, so weit es überhaupt statt- 
haft War; in der Musik dagegen war nicht das frei 
Belebende, Anregende, sondern nur das bindende und 
regelnde Maass wirksam. 
Den Griechen schwebte gewiss ein sittliches Ideal des 
Menschen vor, aber sie betrachteten es nicht wie ein bloss 
geistiges, der Körperlichkeit entzogenes, sondern strebten 
vielmehr, es aus und durch diese zu erreichen. Die Er- 
ziehung begann daher mit dem Aeusserlichen; aus der 
körperlichen Zucht entwickelte sich die geistige 'l'üch- 
tigkeit. Sie scheinen deshalb auf einer niedrigem Stufe 
zu stehen, wie die andern Völker, welche unmittelbar 
nach einem geistigen Vor-bilde strebten. Allein indem 
ein solches dazu nöthigt, die Natur von aussen her nach 
geistiger Regel zu beschränken, wirkt es als ein hemmen- 
der Zwang, während die Griechen durch ihr im höhern 
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