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Zweite
Periode
der
griech.
Kunst.
die
herculanischen
Statuen
schon einen weiter
entwickeL
ten Sinn. Die Stellung der Beine ist freier, nicht mehr
wie bei jener parallel und einwärts, die Falten gewähren
grössere Massen, die ganze Gestalt hat ungeachtet des
derb Heftigen, etwas Natürliches und Anmuthiges. Be-
sonders gilt dies von der Diana.
Diese gleichzeitige Richtung auf das Angestrengte
und Zierliche zeigt sich in den Reliefs, wo die Kunst
weniger durch ihre Mittel beschränkt war, noch deut-
licher. Wir finden in ihnen dieselben derben , fast
sclnveren Körperformen, die Verhältnisse schwankend,
bald sehr schlank, bald kurz und gedrungen, die Muskeln,
Gelenke und Sehnen übermässig hervorgehoben, und da-
durch alle Umrisse hart und schneidend. Die flaltrmg
des Kopfes ist starr, die Bewegungen sind schroff und
eckig, und daher selbst bei grosser Lebendigkeit steif,
der Gang gewöhnlich weit ausschreitend, oft mit ein-
wärts gehaltenen Füssen. Die Auffassung des Reliefs ist
schon entschieden für das Profil, aber die Stellung ein-
zelner Theile z. B. der Augen noch häufig fehlerhaft wie
von vorn gesehen. Neben diesen Mängeln und neben
der Richtung auf das Heftige und Uebertriebene zeigt
sich aber auch hier die Neigung zu einer , wiederum
iibermässigen und steifen Zierlichkeit; die Gewänder
sind sauber und regelmässig gefältelt, wie mit dem Plätt-
eisen, das Haar drahtförmig gelockt oder in dicken Flech-
ten regelmässig auf beiden Seiten herabhängend, an den
Händen beim Anfassen von Sceptern, Stäben oder andern
Attributen, oder auch beim Aufnehmen der Gewänder an
weiblichen Gestalten sind stets zwei Finger mit affectirter
Grazie zusammengehalten, endlich treten in vielen Fällen
selbst die Füsse nicht mehr mit ganzer Sohle, sondern