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Zweite
Periode
der
griech.
Kunst.
nem Boden, aufwärts, während die Architektur den auch
für sie steilen Pfad ohne weitere Hindernisse mit kühnem
und festen Schritte zurücklegt.
Diesen Entwickelungsgang in allen seinen Momenten
zu verfolgen, wahrzunelunen, welchen Einfluss die ein-
zelnen Richtungen der Sitte und der Cultur, welchen die
Gymnastik, die häuslichen Verhältnisse zu verschiedenen
Zeiten ausübten, mit welchen Gewöhnungen, Ilindernissen
und Vorurtheilen die strebenden Künstler zu kämpfen
hatten, wie ihre Individualität, wie das Auftreten des
Genius den weitern Hergang bedingte; dies alles, sage
ich, in seinen Einzelheiten bei einem so hochbegabten
Volke zu beobachten, müsste in mehr als einer Beziehung
Belehrung und Genuss gewähren. Diese grosse Gunst
ist uns versagt. Die Geschichtschreiber Griechenlands
übergehen, wie es natürlich ist, die künstlerische Seite
des Volkslebens; beschäftigt mit den grossen Thaten des
Muthes, der Vaterlandsliebe und der Klugheit ihrer Mit-
bürger, halten sie es für überflüssig und störend, auch
der Künstler, die durch ihre Werke für die Zeitgenossen
und nächsten Nachkommen verständlich genug gesprochen
hatten, ausführlich zu erwähnen. Die Schriften aber der
griechischen Künstler und Kunstfreunrle , welche sich
unsern Gegenstand zur eigenen Aufgabe gemacht hatten,
sind uns kaum dem Namen nach bekannt; nur in den oft
unverstanden und verwirrt zusammengetragenen Notizen
späterer römischer Schriftsteller sind uns Urtheile und
Nachrichten über einzelne Künstler und Schulen aufbe-
wahrt, aus welchen denn, in Verbindung mit andern bei
Philosophen und Grammatikern zufällig und zerstreut
vorkommenden Aeusseruilgeil, unsere Alterthumsforschei-
nlühsanl den Katalog griechischer Künstler aufgestellt