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Zweite
Periode
der
griech.
Kunst.
Das Ganze giebt uns das Bild einer gedrungenen, kräf-
tigen, ernsten Gestalt, wo alles Ueberflüssige, Luxuriöse
entfernt gehalten, nur das Notllwendige in wohlthätiger
Harmonie geordnet ist. Die Maasse sind überall nicht
bedeutend, der Säulenstamm hat noch nicht sechs und
zwanzig Fuss in der Höhe, aber dennoch macht der Ernst
dieser Formen den Eindruck des Mächtigen. Der kleinere
Tempel zeigt schon etwas weniger ernste Züge; die
Säulen sind zwar nicht schlanker, aber mit geringerer
Verjüngung, so dass der Charakter des Stemmenden
weniger fühlbar ist, und überdies findet sich hier schon
die Schwellung. Das dritte Gebäude scheint eine andere
Bestimmung, als die eines Tempels gehabt zu haben.
Seine breite Seite hat achtzehn, die schmale neun Säulen,
so dass kein Durchgang in der Mitte war; man vermuthet,
dass es entweder eine Stoa, zu öffentlichen Versamm-
lungen bestimmt, oder ein Doppeltempel mit zwiefachem
Eingange war. Manche Abweichungen in der Behandlung
einzelner Theile, in der Zahl der Kanneluren, der Form
des Säulenhalses, der Stellung der Ecktriglyphen zeigen
deutlich, dass diese Gebäude in einer Zeit entstanden
sind, wo der Kanon des dorischen Baues noch nicht
ganz festgestellt war und manches noch versuchsweise
schwankte. Aber der Geist des Ganzen ist schon ent-
schieden, und die Arbeit überall sehr sorgfältig und
kunstgerecht.
In andern Gegenden von Unteritalien haben sich,
wie in Locri und Metapont, nur geringe Ueberreste dieses
ältern Styls erhalten. Sehr bedeutend sind die dorischen
Tempel Siciliens, alle in diesem schweren, gedrückten
Style; doch finden sich bei einigen Merkmale oder
Nachrichten einer s-pätern Erbammgszeit, so dass wir sie