Bauliche
Thätigkeit.
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die Wichtigkeit und Einsicht, mit welcher man diese
Werke behandelte, giebt es, dass die Baumeister zuwei-
len ihre Grundsätze bei einzelnen Bauten in besonderen
Schriften entwickelten. S0 gab schon der genannte
Theodorus, der ganz im Anfange dieser Periode lebte,
eine solche Schrift über den Tempel der Hera in Samos
heraus, in welchem er die Verhältnisse der dorischen
Baukunst darlegte und vielleicht einen Kanon derselben
aufzustellen suchte. Ebenso erzählten die Architekten
des ephesinisclmen 'l'e1npels, Ktesiphon und lßletagenes,
in einer eigenen Schrift von ihrer Verfahrungswveise bei
diesem Bau und von den künstlichen mechanischen Vor-
richtungen, deren sie sich bedient hatten, um die unge-
wöhnlich grossen Steine an diesem prachtvollsten aller
bisherigen griechischen Werke zu bewegen. Leider
keimen wir diese ältesten architektonischen Schriften nur
aus der Erwähnung Vitruvs, der sie noch vor Augen
gehabt zu haben scheint , und entbehren dadurch der
wichtigen Aufschlüsse, welche sie uns über das Verfahren
und die Studien der hellenischen Baumeister geben könn-
ten. Bei der Dürftigkeit kunsthistorischcr Nachrichten
namentlich aus früheren Epochen, in denen die Kunst
noch weniger Gegenstand der Liebhaberei und des Luxus
ist, sind indessen schon die angeführten Thatsachen von
WVichtigkeit, und lassen auf ein höchst reges Leben und
auf eine grosse Theilnahme an diesen Bauten schliessexl.
Aehnlich, wie wir es später im italienischen Mittel-
alter finden, sehen Wir auch hier republikanische Ge-
meinden für die grossen Werke, welche zur Ehre der
Götter und zur Verherrlichung ihrer Städte entstehen,
keine Anstrengungen scheuen, grosse Mittel aus ihren
eigenen Beiträgen und durch auswärtige Beisteuerxl auf-