Griechen.
wichtiger, dass Griechenland überall vom Meere begränzt
und durehschnitten ist, und damit der Anreiz zu mannig-
faltiger Thätigkeit, zur Schiffahrt, zum Handel, zur Er-
oberung und Colonisation gegeben war. Bedeutsam War
daneben die gebirgige Natur des Landes, welche in
kleinen Gränzen die Ausbildung einzelner Völkerstämme
in ihren feineren Eigenthümlichkeiten begünstigte, diese
nicht , wie bei der Verbreitung grosser Nationen auf
offener Ebene, in eine allgemeine Form verschmolz. Lage
und Beschaffenheit des Landes bedingten daher schon,
dass menschliche Freiheit und Tüchtigkeit ein grösseres
Feld fanden, als bei andern Nationen, und die Natur
selbst brachte es mit sich, dass ihr freundlicher Einfluss
neben der vorherrschenden Selbstthätigkeit des Volkes
weniger hervortrat. Sie entliess gleichsam den Men-
schen aus der Vormundschaft, in welcher sie ihn bisher
gehalten.
Diesen Charakterzug der Freiheit finden wir denn
auch in allen Institutionen Griechenlands von Anfang an
erkennbar. Besonders bezeichnend ist die Bildung ihrer
Religion. Bei allen Völkern, die wir bisher betrachte-
ten, gab es eine geschlossene Priesterschaft; wenn sie
auch nicht überall wie bei Aegyptern und Indern eine
Caste im strengsten Sinne des Wortes bildete, so waren
doch bei den Persern die Magier, bei den Juden die Le-
viten mehr oder Weniger ausschliessliche Diener des
Gottes, Ausleger seiner Orakel und daher Lehrer des Vol-
kes. Bei ihnen allen war folglich auch die Religion nicht
freie Verehrung, sondern eine feste Satzung, an genaue
Beobachtung äusserlicher Verhaltungsregelil gebunden,
für deren Befolgung die Priester die natürlichen Wächter
waren. Ueberall standen sie zum Volke in dem Verhält-