Fremder
oder
einheimischer
Ursprung.
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weges so wunderbar. Ein Blick auf die uns wohlbekannte
neuere Kunstgeschichte genügt, um das Phänomen zu
erklären, denn auch hier vergingen Jahrhunderte in gleich-
bleibender, todter Ruhe der Kunst, während sie sich dann
wieder in kurzem Zeitraum glänzend entwickelte. Bei den
Griechen aber war die Achtung und das Festhalten des
Hergebrachten sehr viel stärker; das Bewusstsein
des schwankenden Bodens, auf dem ihr sittliches und
politisches Leben ruhete, musste jede Neuerung als ge-
fährlich erscheinen lassen. Es hing dies mit der Mässi-
gung zusammen, welche sie so eindringlich empfahlen und
zu einer so schönen Eigenschaft ihres Wesens ausbilde-
ten. Daher erklären sich denn die warnenden Stimmen
wider jede Aenderung auch in der Kunst, die priester-
lichen Verbote. der Aenderung von Tempeln und Götter-
hildern. Aber diese Warnungen und Verbote hielten die
geistige Entwickelung nicht zurück, denn das vermögen
sie niemals. Ganz ähnliche Warnungen und- Verbote
liessen sich in Rom hören, als gleichzeitig mit dem Verfall
der Sitte griechische Weisheit und Kunst Eingang fand,
aber sielverhallten ohne Erfolg. Verbote dieser Art sind
gewöhnlich nur Zeichen, dass das Neue unaufhaltsam
eindringt, vergebliche Versuche einer alten Richtung, die
ihre Stütze nicht mehr im allgemeinen Bewusstsein hat.
Sie waren es auch nicht, welche die griechische Kunst
fesselten, sondern das allen Bessern gemeinsame Gefühl
der ernsten Aufgabe ihrer Zeit in Begründung einer reinen
und strengen Volkssitte prägte sich als heilige Scheu
und Zurückhaltung in den strengen und starren Zügen
der Gestalten bildneriseh aus.