Plastische
Durchbildung
des
Volks.
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Leben durehbilden, und diese Arbeit war besonders in
Griechenland eine lange und langsame , weil fromme
Ehrfurcht vor dem Hergebraehten ein Wesentlicher Zug
der hellenischen Gesinnung war. Eben dieser Langsam-
keit der ersten Schritte höherer Cultur verdankt Grie-
chenland die vollendete Schönheit seines Wesens , es
wuchs wie ein wohlgearteter Jüngling, in strenger Zucht
und Mässigkeit heran, um im reiferen Alter desto sicherer
und schöner aufzutreten. Der Sinn war auf das Nöthige
gerichtet; die Verfassungen der Staaten zu gründen, die
Bürger in reiner Sitte zu erziehen, die Bande zu knüpfen,
welche die vielgestaltigen "Landschaften Griechenlands ver-
einigen sollten, dies war das Kunstwerk, für welches die
Männer des lykurgischen und solonischen Zeitalters begei-
stert waren. Das hohe Selbstgefühl des griechischen Vol-
kes, sich zu allem Edeln und Hohen berufen zu glauben, lag
dieser Begeisterung zum Grunde, und führte, als es sich
in der Gestaltung der wirklichen Dinge bewährt hatte,
auf die künstlerische Durchbildung und Darstellung. Nach
der Gründung äusserer Ordnung, bei zunehmendem Reich-
thume und fortdauerndem Frieden brachte der Wetteifer
der einzelnen, aufblühenden Gemeinwesen grosse Bau-
unternehmungeil, kostbare Weihgeschenke an berühmte
Tempel und Orakelstätten, endlich den Wunsch hervor,
ihre verdienten Bürger, die Besieger der Tyrannen oder
die, welche in den Kampfspielen zum Ruhm ihrer Vater-
stadt den Preis davon getragen hatten, durch Denksäulen
zu ehren.
Indieser Periode einfacher Sittenstrenge streifte zu-
nächst die Architektur den bunten Schmuck asiatischer
Pracht ab , und es erzeugte sich die regelrechte Gestalt
des mannhaften dorischen Styls. Gleichviel, 0b jene