Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

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Erste 
Periode 
der 
griech. 
Kunst. 
sehen Zeit verschwunden. Jene edle Gestalt der Weib- 
lichkeit, welche wir in der Penelope, Andromaehe und 
Nausikaa des Homer erkennen, finden wir nun nicht 
mehr. Das Weib wird mehr oder weniger in orientali- 
scher Abgeschlossenheit gehalten, es nimmt an der Oef- 
fentlichkeit des Lebens und an der geistigen Bildung der 
Männer keinen Antheil. Das Vorherrschen des männlichen 
Elements begünstigte zwar die bürgerlichen Tugenden, 
aber nicht die, welche dem Kreise der Familie angehö- 
ren , und führte, jedoch erst später, zu einer Eutsittlichung 
in dieser Beziehung, welche das Verderben und die 
Schmach Griechenlands wurde. 
Es ist begreiflich, wie diese Sinnesänderung der 
bildenden Kunst förderlich sein musste. Betrachten wir 
die Gestalten Homers, so ist die plastische Anlage un- 
verkennbar, allein eben so deutlich zeigen seine Gedichte 
selbst, dass sie noch nicht gereift war. Seine Götter 
schildert der Dichter in ihren Handlungen zwar mensch- 
lich und bestimmt, aber die Züge ihres Antlitzes werden 
uns durch die Beiwörter, welche er ihnen beilegt, un- 
deutlich oder als unschön beschrieben. Sie sind in ihrer 
Körperbildung phantastisch formlos , von ungeheurer 
Grösse, im Falle mehrere Aecker Landes bedeckend, in 
ihren Bewegungen maasslos , die Schritte reichen vom 
Himmel zu den Gebirgen der Erde. Damit sie sich pla- 
stisch gestalteten, bedurfte es noch des genauem Ein- 
gehens in die menschliche Natur, des beschränkenden 
Maasses. Dies konnte freilich bei so entschiedener Anlage 
nicht ausbleiben, sobald sich der Sinn auf die menschlichen 
Verhältnisse, auf das Bürgerliche und Sittliche mit Schär- 
fe und Liebe wandte; ehe aber diese plastische Richtung 
für die Kunst fruchtbar wurde. musste sie das wirkliche
	        
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