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Griechen.
spätem Völkern fremd blieben. Bei den Griechen zuerst
finden wir alle Künste in hoher, zum Theil unvergleich-
licher Blüthe, und, wenn auch mit aller Kraft nationaler
Wärme und Begeisterung, dennoch Wieder so frei von
Einseitigkeit und Beschränkung, dass sie allen Spätern
zum Vorbilde und zur Bewunderung dienen.
Neben dieser Allseitigkeit und Allgemeinheit unterv
scheidet sich die griechische Kunst von der der asiatie
schen Nationen durch eine andere, für unsern heutigen
Zweck wichtige Eigenschaft. Sie hat eine innere Ge-
schichte. Bei jenen war eigentlich immer ein und
derselbe unveränderte Charakter, welcher nur gegen die
Eigenthümliehkeit anderer Völker einen Gegensatz bildete,
nicht in sich selbst innere Unterschiede hervorbraelite;
die chronologischen Daten der Ausbildung, welche sich
feststellen liessen , hatten nur die Bedeutung des ein-
fachen, mechanischen Fortschrittes und Verfalls. Bei den
Griechen dagegen finden wir verschiedene Stufen der
Entwickelung, welche, wenn auch denselben Grundzug
griechischer Eigenthümlichkeit tragend, dennoch wesent-
liche Unterschiede des Charakters und verschiedene,
sogar entgegengesetzte Vorzüge zeigen.
Bevor wir aber diesen Entwickelungsgang in seiner
chronologischen Folge betrachten, scheint es nöthig,
eine Uebersicht der religiösen und sittlichen Eigenthünl-
lichkeiten der Griechen, so weit sie auf unseren Zweck
Beziehung haben, und einige allgemeinere Bemerkungen
über die Gestalt der Künste in ihrer Blüthezeit voraus-
zuschicken, auf welche wir bei dem eigentlich Histori-
schen hinweisen können. Die Kenntniss griechischer
Sitte und Geschichte, die ein Gemeingut unserer heutigen
Bildung ist, die vortreffliche Bearbeitung, welche das