Heroisches
Zeitalter.
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nachweisen lassen, aber im Ganzen sind schon Sitten
und Regierungsformen, Götterlehre und Cultur vollkom-
men griechisch, dem entsprechend, was sich in späterer
Entwickelung entfaltete und sich mehr in einzelnen Aeusse-
rungen als seinem innern Geiste nach veränderte. Die
Klarheit der Anschauung , das feine Gefühl für alles
Menschliche, die Richtung auf männliche Thatkraft, die
Freiheitsliebe und die Unbefangenheit gegen alle Satzung,
alle diese schönsten Züge des griechischen Volkes zei-
gen sich hier schon in bedeutendem Maasse entwickelt,
und vor allem ist der Schönheitssinn in seiner eigen-
thümlich griechischen Form schon bedeutend gereift.
Homer selbst kennt zwar den Namen der Hellenen, als
Gesammtbezeichnung aller Griechen, den der Barbaren
als Bezeichnung aller Fremden, noch nicht. Er erzählt
auch manches Barbarische so unbefangen, dass man sieht,
er ist sich des Gegensatzes in allen Consequenzen noch
nicht bewusst. Wir sehen daher bei ihm den griechischen
Geist noch nicht auf seiner Höhe, aber in seiner Bildung
schon weit vorgeschritten und der völligen Entwickelung
nahe, und seine Gesänge selbst, in ihrer ächt griechischen
Schönheit und Humanität, mussten diese Entwickelung
mächtig fördern. Wenn man Homers Gesänge mit den
spätem Dichtungen vergleicht und das griechische Wesen
in ihnen so vollständig vorfindet, dass wenigstens für
epische Dichtung schon das Höchste geleistet war, so
sollte man glauben, dass auch die bildende Kunst, als
ein so Wesentlicher Theil des griechischen Lebens, schon
vorgeschritten gewesen sein müsste. Diese Voraussetzung
wird indessen nicht bestätigt; unsere Kenntniss dieser
Zeit, die wir wiederum nur durch Homers Dichtungen
erlangen, ist zwar eine sehr mangelhafte, indessen können