Einheit
der
Künste.
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und das künstlerische Leben, welches durch Anregung
der Phantasie, über das bloss Stoffartige hinaus, erzeugt
wird. Ohne solch freieres Andeuten wird die Kunst zur
kalten, trockenen Verstandessache, und durch dasselbe
erhält erst das geistige [Element und seine, nicht bloss
die eine, sondern alle Richtungen des Daseins umfassende
Kraft ihre Gestaltung. So stellt die Architektur in ihren
Details auf plastische oder malerische Weise natürliche
Formen dar, die Malerei wird selbstständig dichtend, die
Poesie malt in beschreibenden Darstellungen , und die
Plastik endlich kann das Malerische nicht völlig entbehren.
Es verhält sich hier ganz ähnlich, wie in moralischer
Beziehung. Ein Mensch, der nur nach moralischen Re-
geln leben wollte, würde, wie gut auch diese Regeln
Sein mögen, immer zu einem kalten, starren, lieblosen
Wesen werden, und die Wärme des Gefühls, welche ihn
diese Regeln zu modificiren und auszudehnen antreibt,
ist eine höhere und wahrere Regel, wiewohl sie grade
ausnahmsweise wirkt. Wie weit man in solchem freien
Ueberschreiten der Regel gehen darf, ist auch in der
Kunst nur durch das feine Gefühl zu bestimmen. Denn
wie
das
Kunstwerk
ohne
allen
Gebrauch
der
Motive
fremder Kunstgattungen nüchtern und unbefriedigend
bleibt, so nähert es sich durch übermässigeil Gebrauch
derselben zu fsehr der prosaisehen Wirklichkeit. Die
allzugenau malende Beschreibung ertödtet die Poesie, die
Ueberladung mit darstellenden Verzierungen verkümmert
die architektonische Wirkung des Gebäudes, die Neigung
zu feinem, poetischen Motiven raubt der Malerei ihre
körperliche Kraft, und ein spielendes Eingehen in das
Malerische setzt die Würde der Bildsäule zur hässlichen
Verzerrung oder zur todten Wachsfigur herab. Die nähere