Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Einheit 
der 
Künste. 
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menschlich gestaltete Wesen um. Die materielle Natur 
vor ihrem körperlichen Auge verwandelte sich in ihrem 
Geiste sofort in ein lebendiges Bild geistiger Thätigkeit. 
Schon ihre Prosa war daher Poesie, ihre Betrachtung 
künstleriche Selbstthätigkeit , überall leichte Anregung 
und lebendiges Entgegenkommen. Der Scharfsinn der 
Neuern zerstört dieses Scheinbild erträumter Göttlich- 
keit und dringt auf den wahren Körper der Natur 
durch, aber er sollte den schönen Verkehr der Empfin- 
dungen im künstlerischen Geben und Empfangen nicht 
hemmen. 
Auch über das Verhältniss der verschiedenen Künste 
wird unsere Ansicht durch jene neuen Entdeckungen be- 
richtigt. In einer noch sehr nahen Zeit, wo man die 
bildenden Künste mit geringem Glücke übte, aber viel 
über das Wesen derselben reflectirte, suchte ein Mann, 
auf den wir stolz sein können, Herder, die Eigenthüm- 
lichkeiten der Plastik gradezu daraus herzuleiten, dass 
sie die Schönheit nicht für das Gesicht, sondern für die 
tastende Hand darstelle. „Thue die Augen zu und taste" 
War die Anleitung, die er in seiner Weise ganz ernsthaft 
dem Leser gab, um in das Wesen der Plastik einzugehen. 
Viele Andere, ohne grade den gröbern Sinn des tastenden 
Gefühls auf den künstlerischen Richterstuhl zu erheben, 
kamen auf ziemlich ähnliche Resultate, indem sie mit 
rücksichtsloser Strenge die Sculptur als eine Darstellung 
in objectiver Form betrachteten, und daher alles, was 
durch Färbung oder sonst in malerischer Weise in der 
Sculptur wirken sollte, alles Bewegte und Scheinende, 
verwarfen, und nur die ruhige, äussere Gestalt gelten 
liessen. Die neueren Entdeckungen setzen es ausserZwei- 
fel, dass diese Theorie wenigstens nicht den Griechen,
	        
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