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Griechische Kunst.
meint, diese bleibt immer kalt und unbewegt; was man
auch von den Lebensäusserungen des Gegenstandes in
ihr niederlegen möchte, es bleibt an sich todt. Erst
durch die Anregung des Beschauers und in der Bewegung,
welche das Kunstwerk in der Seele desselben hervor-
bringt, erhält dieses Wieder seine Belebung. Diese Be-
wegung wird aber kräftiger-Bund wärmer durch eine zarte
Andeutung, welche die Selbstthätigkeit des Beschauenden
anregt, als durch eine grobe äusserliche Nachahmung
der körperlichen Natur , welche nicht bloss die Vorstel-
lung des geistigen Lebens, sondern auch die der irdischen
Noth und Vergänglichkeit des Gegenstandes hervorruft.
Das wahre Abbild der Natur ist nicht im Körper des
Kunstwerkes gegeben , sondern es schwebt leicht und
geistig in der luftigen Mitte zwischen der Seele des
empfänglichern Beschauers und jenem äusserlichen Bilde.
Es ist sehr wichtig, sich diese Seite der alten Kunst
recht deutlich zu machen, nicht sowohl um das Verfahren
derselben unmittelbar auf die neuere Kunst anzuwenden,
welche zum Theil andere Rücksichten hat, wohl aber
um die Betrachtung der Kunstwerke sowohl als der
Kunst im Allgemeinen zu berichtigen. Uns, den Neuem,
erscheint allzuleieht die Natur nur in ihrer Aeusserlich-
keit; mancher künstlerische Gedanke erstirbt in dem
Ringen mit dieser todten Masse, oder wird nicht ver-
standen, weil die Erregbarkeit des beschauenrlen Publi-
kums durch die Gewöhnung an das grob Materielle
abgestumpft ist. Bei den Griechen begünstigte und er-
leichterte schon ihre ganze Weltansicht die künstlerische
Stimmung und Erregbarkeit der Gemüther. Sahen sie
doch nirgends die todte Masse; Himmel und Erde, Hain
und Quelle wandelte ihre Phantasie alsbald in lebensvolle,