Polychromie
der
Gebäude.
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keit der bisherigen Theorie gesteigert wurde, glaubte
man in dieser Entdeckung einen neuen Schlüssel zum
Verständniss der alten Kunst gefunden zu haben, statt
der Einiörmigkeit des Wcissen mannigfaltige, lebensvolle
Farben, statt der kalten trocknen Form eine frische
Naturwahrheit. Gründlivchere Forschungen , genauere
Prüfung des Vorgefundenen, Vergleichung. der Angaben
alter Schriftsteller von farbigen Theilen der Gebäude
und bemalten Statuen mit andern Stellen, welche grade
die WVeisse an Kunstwerken beider Art hervorheben,
führten zwar bald dies allzuweit ausgedehnte System
der griechischen Polychromie (Vielfarbigkeit) auf ein
glaubhafteres Maass zurück, immerhin aber ist das Re-
sultat jener neuen Entdeckung noch höchst wichtig. '16)
An ein durchgängiges Bemalen der Gebäude und
Statuen, welches jenen einen farbigen Schmuck, diesen
eine swiachsügureilartige Aehnlichkeit mit der Natur ge-
geben, und den edlen Marmor mit seiner lebendigen
'l'ransparenz überall verdeckt hätte, ist freilich nicht zu
denken; ebensowenig aber an ein abstractes Festhalten
der blassen Form, welches jede Farbenamvendung ver-
4') l-littorf, de Parchitectnre polychrome in den Annali delli
institnto di eorrispondexlza archeologica Vol. II. p. 263. sq'q., dem-
nächst der ArchitektSelnper in seinen wvorlätiligexi Bemerkungen
über bemalte Architektur und Plastik bei den Altenß führten diese
Ansicht in ihrer weitern Ausdehnung durch, deren nähere Prüfung
und Berichtigung in Dr. Kugleüs Schrift: Ueber die Polyehromie
der griechischen Architektur und Sculptur, Berlin 1835 erschöpfend
geliefert ist. Manche vermeintlichen Farbenspuren werden sich
übrigens bei näherer Untersuchung nicht als solche bestätigen wie
namentlich schon M orey in dem Bull. delP instit. archeol. 1836 gegen
Seiuper dargethan hat, dass an den Säulen des Trajan und. des
Antonin in Rom das Grün nur von der oben angebrachten, oxydirten
Bronce herabgetlnssen, das Goldgelb vom Einliuss der Witterung auf
dem hlurmm- entstanden, das Biilll gar nicht vorhanden sei.