Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Auffassung 
Natur. 
der 
133 
dem 
denn 
Blinden 
die 
Schönheit 
des 
Hains 
und 
der 
atti- 
schen Flur. Die Blumen blühen, der Kephissos schlängelt 
sich durch die 'l'riften. Aber Leben gewinnt doch auch 
hier das ganze Bild nur, indem der Festzug des Dionysos, 
der Chortanz der Musen und der goldne Wagen der 
Aphrodite sich der geheiligten Stelle nahen, und neben 
dem Oelbaume Athene's das Ross des Neptun aus den 
Meereswellen emporsteigt. Die Natur verwandelt sich 
sofort in belebte Gestalten und Handlung. 
Später, aber in einer noch immer ganz griechischen 
Zeit bildete sich eine poetische Gattung aus , welche 
recht eigentlich dem Genuss der landschaftlichen Natur 
gewidmet War, die Idylle. Da finden wir denn in der 
That höchst anmuthige Schilderungen des Landlebens. 
Die Hirten ruhen auf hochschwellendem, duftenden Grase, 
auf friSßllßm Weilllallbe, Quellen rauschen, Ulmen und 
Pappeln werden von sanften Lüften bewegt, Bienen und 
Cicaden schwirren , Lerche und Goldfinla singen , die 
'l'urteltaube girrt, und, damit auch ein melancholischer 
Zug im Bilde nicht fehle, ächzt das Käuzleiil aus fernem 
Dickicht. Ein anderes Mal erfreuen Wanderer sich der 
wuchernden Waldung, der glatt aufsteigenden Felswand, 
der lebendigen Quelle, auf deren Boden Kiesel wie Silber 
und Krystall glänzen. Aelnlliche Schilderungen des 
Frühlings, der friedlichen Flur sind nicht selten, und mit 
Behagen malt der Hirt seine lieblichen Gefilde im Ge- 
gensatze des tobenden Meeres aus?) 
VVir dürfen, glaube ich, nach dieserrßeispielen den 
Schluss auf den. Umfang und die Art des griechischen 
Naturgefühls ziehen. Wir sehen es von mehr als einer 
Seite; im Epos unter den grossen Ereignissen des Völ- 
Theokrit 
VII. 
XVI. XXII. 
132. 
Mosclms
	        
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