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Griechische
Plastik.
Licht ist das verbindende Element der Welt, in den
Farbenverhältnissen, in den Reflexen der Beleuchtung
treten die im Raume gesonderten Gegenstände in Bezier
hung zu einander, und werden durch die Einheit- des
Lichtes zu einem einigen, wenn auch manche Gegensätze
in sich enthaltenden Ganzen verschmolzen. Die Malerei
giebt daher auch ein in sich abgeschlossenes Bild, dessen
mannigfaltige Theile auf der perspectivischen Mittellinie
die gemeinschaftliche und vereinende Regel, gleichsam
ihre Seele, haben. Diese Kunst hat dadurch den V ortheil,
aber auch die Nothwendigkeit, die Gestalten in einer
Wechselwirkung des Handelns oder Sprechens darzu-
stellen, und dies geschieht am wirksamsten, wenn sie
sich uns in der Vorderansicht zeigen, damit Wir ihnen
in das Auge sehen und in ihrer Seele lesen können. Das
Relief dagegen ist auf Profilailsicht der Figuren an-
gewiesen. Die Verbindung der runden Körperlichkeit mit
einer nicht bloss gedachten, scheinbaren, sondern wirk-
lichen Fläche, ist eine harte und unnatürliche Zumuthung,
welche nur dann erträglich wird , wenn die Gestalten
weniger hervortreten, zugleich aber auch ihre Umrisse
von der Art sind, dass sie sich bestimmt von dem Flä-
chengrunde ablösen. Beides ist nur bei der Profilauffas-
sung, nicht bei der Vorderansicht möglich. Von der
Seite gesehen, bildet der Umriss der Gestalt eine feste,
in sich geschlossene Linie, von bestimmten harmonischen
Verhältnissen, welche sich also scharf von dem Hinter-
grunde absondert , während zugleich die bedeutendem
und ausdrucksvollern Theile des Körpers so gestellt sind,
dass sie in die Flächenrichtung eingreifen, und dadurch
den Widerspruch zwischen der vollen Ründilng und der
Fläche vermindern. In der Vorderansicht dagegen ist