Das
Relief.
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trug, um ihn fester anliegend zu machen. Die Künstler,
ohne gradc diese 'l'racht selbst nachzuahmen, dachten
ihn sich enge anschliesseiul, fast als 0b der Stoff ange-
feuchtet sei. Das Gewand bildet daher auf den vorra-
genden Theilen des Körpers grössere Flächen, welche
durch die schattigen Seitenfalten noch mehr heraustreten;
es entstellt oder verhüllt den Körper nicht, und wird
nur ein Mittel mehr, theils den Charakter der Person zu
bezeichnen, theils auch durch die Lichtverhältnisse der
stärkern oder schwächern, graden oder gebogenen Falten
den ästhetischen Eindruck des Ganzen zu verstärken.
Bei dem Princip treuer Darstellung der Natur, welches
die neuere Kunst festhält und festhalten muss, kann diese
Behandlung des Gewandes als eine künstliche und un-
natürliche erscheinen, allein man darf nicht vergessen,
dass die höhere Natur der menschlichen Gestalt gerade
dadurch um so klarer hervortrat.
Nicht minder bedeutend, wie in der statuarischen
Darstellung , ja vielleicht noch vorzüglicher und noch
eigenthümlicher wie in derselben, erscheint die griechische
Kunst in halberhabenen Arbeiten, im Relief. Diese
Gattung bildet gewissermassen den Uebergang von der
Sculptur zur Malerei; jener gehört sie noch an, weil sie
durch die Form, nicht durch die Farbe wirkt, dieser
nähert sie sich, weil sie mehrere Gegenstände auf einer
und derselben Fläche darstellt. Man könnte daher glau-
ben, dass die Anordnung des Ganzen sich nach denselben
Regeln wie in der Malerei richte, und wirklich hat man
dies in der neuern Kunst lange angenommen. Allein in
der That zeigt sich vielmehr im Relief der Unterschied
zwischen der Sculptur und der Malerei in seiner höchsten
Schärfe, wie stets auf der Gränze zweier Gebiete. Das