Kleidung.
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unverhüllt, und schon dies War etwas Wesentliches um
das Auge auf ein natürliches Ganze der Körperbildung
hinzuweisen, und statt der blossen Fläche des Gesichtes
an eine volle Form zu gewöhnen. Die Tracht des Kör-
pers bestand bei beiden Geschlechtern nur aus zwei
Stücken, dem Unterkleide oder Leibrnck (Chiton) und
dem Mantel (Himation).
Der Chiton hatte die Gestalt eines weiten, anfangs
ärmellosen, Hemdes, und wurde durch einen Gürtel unter
der Brust zusammengehalten. Bei den Frauen war er
länger, loft durch einen zweiten Gürtel über den Hüften
in einen herabfallendell Bausch zusammengenommen;
manchmal mit einem kleinem bis an die Knie reichenden
Ueberwurf oder Oberkleide. Der Mantel war nur ein
grosses , viereckiges Tuch, welches, wie man grade
Wollte, entweder beide Schultern verhüllte , oder den
rechten Arm freiliess, so in freien Falten herabhing und
das Unterkleid bis auf den untern Theil desselben be-
deckte. Man sieht, es War dabei für den Schneider
(nach unserer Weise zu sprechen) eigentlich nichts zu
thun; das Kleidende hing nicht vom Schnitt der Gewän-
der ab, sondern von dem Gebrauche, den der Bekleidete
davon machte; daher legten denn auch die feinen Grie-
chen grossen Werth auf eine würdige und gefällige
Handhabung des Kleides; an der Art, wie der Rock ge-
gürtet oder der Mantel übel-geworfen War , erkannte man
den Wohlerzogenen , Freigebornen. Die Persönlichkeit
lratte also ein höchst freies Spiel, die 'l'racht war mehr
eine charakteristische Aeusserung der Person, als eine
fremdartige Verhüllung. Sie gestattete überdies dem
Körper Freiheit, sich zu bewegen, und gab in ihren Fal-
ten diese Bewegung selbst noch verstärkt wieder. Junge
u. s