Kleidung.
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jenes Zurüektreten der Bedeutung des Kopfes in seinem
Gegensatze zu dem übrigen Körper nothwendig damit
zusammenhiimg. Sobald der Sinn sich mehr zu dem A11-
muthigeil, Zarten und Reizenden der Körperform hinneigte,
wurde daher die Nacktheit bedenklich. "Weibliche Ge-
stalten entkleidet zu zeigen, war auch in den bessern
Zeiten der griechischen Kunst unerhört, und man bedurfte,
als dies später aufkam, wie sich noch an den meisten
Bildern der Venus zeigt, der Erinnerung an das Bad, um
das Auge an diese Darstellung zu gewöhnen.
Mit der Auffassung der Körperlichkeit steht auch die
Kleidung in naher Verbindung. Die Tracht eines Volkes
ist für das Verständniss und die Ausbildung der Kunst
stets von grosser Wichtigkeit. In ihrer ersten unbewussten
Entstehung ist sie bezeichnend für die Richtung des Sin-
nes, in ihrem weitem Gebrauch übt sie eine mächtige Rück-
wirkung, auf die Ausbildung des Geschmackes aus, Die
grössere oder mindere Schönheit der Tracht ist in zwie-
facher Beziehung zu prüfen, zunächst in Beziehung auf
den ilatürlichen Körper, in wie fern sie das Ebenmaass
der Glieder kenntlich macht oder verbirgt, hervorhebt oder
entstellt, dann aber auch an sich, in Beziehung auf die,
wenn man so sagen darf, architektonischen Verhältnisse
der breitern Massen, auf welchen sich das Licht einfach
sammelt, und der kleinem Abtheilungen und Falten, in
welchen es gebrochen und beschattet wird, womit denn
auch die günstige oder ungünstige Wahl und Verbindung
der Farben zusammenhängt. Wie nun überhaupt das
Bestreben der Kunst durchweg darauf gerichtet sein
muss, das lilannigfallige und Zufällige nicht zu unter-
drücken und zu tödten, wohl aber es mit dem Einfachen
und Wesentlichen in Einklang zu bringen , so ist auch