Griechische
Plastik.
hergegangenen Zustand heroischer aber Wilder Nacktheit
annehmen, so sehen wir, dass die reife Zeit wieder zur
Natur zurückkehrt und dieselbe mit Bewusstsein aber
auch mit höherm Sinne herstellt. Es darf nicht geläugnet
werden, dass weiterhin diese Natürlichkeit und Nudität
eine gewisse Leiehtfertigkeit der Sitte und sinnliche
Auschweifungen beförderte. Allein dies gehörte schon
wieder dem Verfall des Griechenthums an, ursprünglich
und im Ganzen war dieses Abstreifen des conventionellen
Zwanges, dies unbefangene Verhalten gegen die Natur
vielmehr ein Beweis und ein Beförderungsmittel des rei-
nen Sinnes, und namentlich galt das Entblössen des Kör-
pers bei den Kampfspielen als ein treifliches Mittel vor
schwelgeriseher Unmässigkeit und weichlicher Vernach-
lässigung des Körpers zu wahren, und zur Abhärtung und
Rüstigkeit anzureizen. Das Anstössige der Nacktheit ist
überhaupt nur für das entwöhnte Auge oder die gereizte
und vcrderbte Phantasie vorhanden, und wie es schon
bei uns für den künstlerisch gestimmten, der sich dazu
gebildet hat, in den Formen die höhere geistige Bedeu-
tung zu verstehen, grossentheils versclnvindet, so wurde
es auch durch den Ernst und die Feier des Kampfes und
die Strenge ursprünglicher griechischer Sitte aufgewogen.
Selbst unter den Griechen finden wir, dass die, welche
in der Entblössung des Körpers am Weitesten gingen,
die Dorier und namentlich die Spartaner , später dem
Verfall der Sitte unterlagen, als die Weichlichern, aber mehr
zurückhaltenden und bekleideten ionischen Stämme. Frei-
lich aber- gehörte zu dieser unbefangenen Zulassung des
Nackten auch das Wohlgefallen an edlern , kräftigem
und geistigem Körperformen, und wir verstehen daher,
wie jene Auffassung des männlich strengen Körperbaues,