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Gvricchische
Plastik.
neten Lippen , das völlige Kinn sich kräftig aus der
Fläche des Gesichtes heraus heben, gicbt uns ein Ge-
fühl des Eindringlichen, zur Bewegung und That be-
reiten. In der plastischen Kunst, wo sich der ganze
Körper in fester Ausprägung zeigt, ist das Verhältniss
des Kopfes zu dem Uebrigen sehr wichtig. Der Kopf
ist seiner Natur nach der Träger des Geistigen im
Menschen; in ihm kann daher die Ruhe des Sinnenden,
die Tiefe des Denkens, das innerlichste Gefühl am Deut,
lichsten ausgesprochen werden. Im übrigen Körper da-
gegen findet vorzugsweise die sinnliche Natur des Men-
schen ihren Ausdruck und jenes frei Geistige wirkt nur
nebenher bestimmend ein. Durch diesen Gegensatz sind
beide, Körper und Haupt, die Darstellung des ganzen
Wesens und Menschen, wie es sich bald zum überwie-
gend Geistigen, bald zum mehr Sinnlichen hinneigt, und
in beiden doch seine Eigenthümlichkeit bewahrt. In der
griechischen Bildung des Kopfes sehen wir nun das
geistige Element etwas gemildert; die Fülle der Lippen
und des Kirmes tragen selbst einen entschieden sinnlichen
Charakter, die andern 'l'heile sind zwar ernst und strenge
und geben daher einen mehr geistigen Eindruck, zugleich
aber sind sie höchst kräftig geformt, und dies Geistige
erscheint daher nicht als ein innerliches Leben, sondern
mehr nach Aussen gewendet, es spricht sich mehr in
Beziehung auf die Thatkraft, als auf das Gefühl aus.
Dieser Eindruck wird- dadurch verstärkt, dass der Kopf
im Verhältniss zum Körper klein gefasst ist; der den-
kende Theil tritt gegen den ausführenden zurück. Der
Körper dagegen ist schlank, kräftig, rasch, lässt mehr
seine Beziehung auf geistiges, als auf 8111111101108 Dasein
blicken; das Sinnliche ist zwar nicht schwach, sondern