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Griechische
Plastik.
gewesen, lässt sich kaum mit Bestimmtheit entscheiden.
Im heutigen Griechenland soll diese Gesichtsbildung nicht
häufig vorkommen, indessen mag sie vor der Mischung
des hellenischen Volkes mit slavischen Stämmen ge-
wöhnlicher gewesen sein. Aber auch damals war sie
ohne Zweifel nicht allgemein, und es ist daher immerhin
dem Schönheitsgefühle zuzuschreiben, dass die Kunst
diese Form so ausschliesslich adoptirte. Die Nase selbst
ist grade und mit einem {lachen , scharfbezeichneten
Rücken; die gekrümmte Nase kommt auf griechischen
Werken nie vor, die eingebogene, stumpfe nur bei Kin-
dern, oder bei den halbkomischen Gestalten der Satyrn.
Bei diesen ist sie charakteristisch, und wir finden einige
Male bei Satyrgestalten auf Vasengemälden Namen bei--
geschrieben, welche etwa so viel wie: Stumpfnase be-
deuten. Nebender Nase weichen die Wangen weit zu-
rück und ziehen sich in einfacher und sanfter Ründung
nach dem Kinne zu. Die Augen sind gewöhnlich gross,
stark gewölbt, aber tiefliegend, und erhalten (ladurch
ein schärferes Licht auf der Höhe der Wölbung. Um
einen zärtlichen Blick anzudeuten, wurde das untere
Augenlied etwas aufwärts gezogen; so namentlich bei
der Venus. Man nannte dies das Feuchte des Blickes.
Die Stirn ist gegen die Fläche des Gesichtes ziemlich
stark vorstehend, bei den Gestalten, welche mehr reife
männliche Kraft andeuten, tritt auch der Knochen über
den Augen ein wenig stärker heraus, ungefähr da, wo
sich nach der neuern Sehädeliehre das Organ des Orts-
sinnes zeigt. S0 besonders bei Herakles, und in milderer
würdigerer Form am Haupte des Zeus. Llebrigens ist die
Stirn sanft gewölbt, aber nach unserer Vorstellung niedrig.
Es liegt (larin ein charakteristischer Unterschied unseres