Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Griechen und Römer (Bd. 2 = [1], Bd. 2)

Personificationen. 
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dem sich nicht sagen lässt, 0b es jene irdische Hülle nur 
wie die Seele den Körper bewohnte, oder völlig identisch 
damit war. Wenn nun diese Lokalgeister sofort wieder 
in völlig ausgebildeter menschlicher Gestalt gedacht wur- 
den, so verband sich auf eine höchst eigenthümliche 
VVeise die Veränderlichkeit einer poetisch täuschenden 
mit der Stätigkeit der ruhig bildenden Phantasie. Jene 
schnelle Vertauschung der todten Localität mit der Voiv 
Stellung eines empfindenden Wesens erinnert, wenn auch 
Wesentlich davon verschieden, an die phantastische Weise 
der Hebräer, welche in demselben Augenblicke das Ding 
als Sache und zugleich durch eine kühne Metapher als 
fühlend behandeln. Die ruhig bildende Kraft dagegen 
haben die Griechen mit den Aegyptern gemein. Aber 
während bei den Hebräern die Flüchtigkeit ihrer Phan- 
tasie die Ausbildung jeder festen Gestalt verhinderte, 
und bei den Aegyptern das Bild sofort zum kalten, un- 
veränderlichen Symbole erstarrte, besassen die Griechen 
die wunderbare Wärme und Kraft, der leichten Vorstel- 
lung den vollen Körper, der äussern Gestalt das flüchtige 
Leben zu leihen. Dichter schufen plastische Gestalten, 
die Bildner durften kühn das Höchste und Freieste an- 
deuten, Weil die belebende Phantasie sinnvoller Beschauer 
ihnen entgegenkam. Aus dieser eigenthüinlicheil Beweg- 
lichkeit der griechischen Phantasie erklärt sich auch der 
Gebrauch, welchen sie von allegorischen Gestalten 
machen. Wenn bei uns N euern Dichter oder Maler irgend 
deine physische oder moralische Eigenschaft personiliciren, 
so sind und bleiben wir uns des Willkür-liehen und Vor- 
übergehenden dieser Operation bewusst, die Gestalt und 
ihre Bedeutung werden für unser Gefühl niemals ein fest- 
verbundenes Ganze , sondern sie lösen sich in jedem
	        
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