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Einleitung.
kunst. Diese an das tägliche Leben sich anlehnend und
daraus hervorgehend, riss sich durch Strenge und Reim
heit von demselben los, um sich in den reinen Aether
der Kunst zu erheben. Jene, vom Scheine ausgehend,
senkt sich wieder in die WVirklichkeit zurück, um ein
Scheinbild derselben zu werden.
Vor diesem Ilcrabsinkeln bewahrt
sie
nichts
als das
Festhalten an dem Boden, von dem sie ausgegangen
ist, an der Reinheit des Elementes, dem sie angehört.
Nur so lange bleibt sie wahrhaft in der Würde der
Kunst, als die Erfbrdernisse räumlicher Schönheit, wie
sie in der Baukunst festgestellt, in der Sculptur auf das
individuelle Leben angewendet wurden, in ihr beobachtet
werden. Sie soll und darf dadurch nicht abgehalten wer-
den, die ganze Fülle des Lebens zu verarbeiten, aber
unter diesem Reichthum des Manuiglaltigen muss die
einfache Strenge der Form und der Verhältnisse in ihrer
Reinheit erhalten bleiben, wie der feste Bau des Kör-
pers unter dem heitern Scheine seiner reichen Beklei-
dungen.
Es ist dies das geheimnissvolle Element der Malerei,
das sich leichter dem Gefühle des Kunstverstandigen
andeuten, als in deutlichen Worten aussprechen lässt,
und das in neuerer Zeit die Künstler oft mit dem, freilich
nicht selten missverstandenen, WVortez Styl bezeichnet
haben. Es ist damit weder die Zurückweisung irgend
einer Klasse von Gegenständen, als "zu klein und gering,
noch gar die Anforderung eines Ideals gemeint, sondern
nur jenes Festhalten an der ächt künstlerischen Reinheit,
die sich den Loekungen der sinnlichen Wirklichkeit nicht
hingiebt, und dadurch jeden Gegenstand, auch den leich-
testen und anspruchslosesten adelt.