Die
Malerei.
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Beziehung entspricht ein Abnehmen in materieller. Denn
die Architektur hat noch die grobe, schwere, gmsse
Masse der Wirklichkeit, die Sculptur noch die äussere
fühlbare Gestalt, die Malerei nur den Schein. Wenn
hienach die Malerei die höchste, geistigste, unmateriellste
der drei bildenden Künste ist, so ist damit auch eine
Gefahr verbunden. Sie steht nicht mehr völlig in dem
Maasse, wie die Sculptur, in der Mitte des Kunstgebie-
tes, sondern auf der Gränze, Wo ein Uebergehen in die
XVirklichkeit eher zu befürchten ist. In geistiger Be-
ziehung hat sie die weitere und reichere Aufgabe, den
lilenschen in seiner höheren, subjeetiven Freiheit aufzu-
fassen. Mit der Freiheit des Geistes im Körper ist aber
auch die Gefahr der Sünde gegeben. Die Architektur
ist die reinste Kunst, weil sie keinen Willen ausspricht.
Die Willkühr ist von ihr ausgeschlossen, sie erscheint
nur als Fehler des Architekten, nicht als Bestandtheil
des schönen XVerkes. In der Sculptur hängt unläugbar
selbst für den gröbern Sinn, die Schönheit mit Reinheit
und Strenge zusammen. Die Malerei dagegen liebt reiche
Motive, sie kann die Hässlichkeit als Contrast gebrau-
chen und in das Sinnliche übergehen. Die Architektur
gränzte noch an das Erhabeixc, die Malerei kann schon
zum bloss Angenehmen herabsinken. Praktisch wichtig"
ist besonders der Gegensatz zwischen der Malerei und
Sculptur, da wo beide eine scheinbar gleiche, in Wahr-
heit aber sehr verschiedene Aufgabe haben, bei der
Darstellung des einzelnen Menschen. In der Sculptur,
weil sie auf diese Gestalt beschränkt ist, fallt die Schön-
heit des Werkes mit der natürlichen Vollendung (les
Körpers zusammen; was diesen gesund, in vollem Gleich-
maasse sinnlicher und geistiger Kräfte, nach Gcsßhlßvllt