Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Die 
Architektur 
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unverkennbarer Freiheit da. Auf der andern Seite hat 
sie aber den Vorzug die reinste und eigenthiimliehste 
aller Künste zu sein. Grade weil sie die unorganische 
Natur gestaltet, die in der Wirklichkeit am Wenigsten 
den Eindruck des Schönen macht, ist sie gezwungen und 
berufen, die Gesetze der Kunst am Bestimmtesteu und 
Sehärfsten auszuarbeiten. Sie läuft niemals Gefahr, sie 
mit den Gesetzen der Wirklichkeit zu verwechseln und 
tiadurch in das bloss Angenehme hinabzusinken. Vor 
der Musik, die übrigens in der scharfen Sonderung von 
der Natur und in der selbstständigen Entwickelung der 
Kunstgesetze mit der Architektur verwandt ist, hat diese 
den Vorzug des strengem, härtern Stoffes, welcher fal- 
sche Motive, Sinnlichkeit und Willkühr, nicht an sich 
kommen lässt, oder doch gleich als solche zu erkennen 
giebt. Durch diese Strenge und Reinheit der Kunstge- 
setze wird die Architektur die Grundlage aller Künste, 
alle müssen sie befolgen und wenn sie, mit der Natur 
ringend, nach Regeln suchen, auf den architektonischen 
Boden zurückgehen. Von der sinnlichen Seite der Er- 
scheinung ist die Baukunst am XVeitesten entfernt, da- 
gegen kann sie wohl, auf einer Vorstufe ihrer Atlsbildung 
Zur Schönheit, das Gebiet des Erhabenen streifen. Wenn 
nämlich das Schönheitsgefülml noch nicht ganz ausgebildet 
ist, kann es der religiösen Frömmigkeit dadurch zu die- 
nen glauben, dass es durch den Kontrast, der Grösse 
staunende Ehrfurcht zu erwecken sucht. Bei weiterer 
Entwickelung der Kunst wird aber dieser falsche An- 
Spruch aufgegeben, und sie wird auch in geistiger Bei 
Ziehung mit ihrem Stoffe und ihrer Aufgabe ganz eins. 
Es ist nicht ganz leicht den Geist, der in der schö 
nen Architektur seinen Ausdruck findet, in WVorten zu
	        
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