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Einleitung.
die ganze menschliche Seele umfasst, entspricht der Poe"
sie , in welcher das WVesen der Dinge selbst zur Gestalt
kommt. Dem wissenschaftlichen Sprachgebrauche folgend,
nennen wir den Geist, in welchem das Wissen vor-
herrscht den gegenständlichen oder objectiven;
den vorzugsweise empündenden den subjectiven; den
dritten kräftigen endlich den individuellen.
Das Verhältniss dieser Geistesrichtungen zu den
verschiedenen Grlmdstoifeil der Künste ist aber nicht ein
so ausschliessliches, dass in jeder Kunst nur ein solcher
Geist vorkomme. Denn jene dreiGestaltungen des Geistes
sind seine nothwendigen Entwickelungsstufen. Anfangs
bildet sich im Geiste die Kraft des Aufnehmens und
Wissens aus, er lernt mit begierigem Gedächtnisse und
kindlicher Bescheidenheit, während er über sich selbst un-
bekümmert ist. Dann erwacht das Selbstgefühl; bereichert
durch jenes Wissen, aber nur um sich selbst bekümmert,
bildet er das eigene Ich. Endlich geht er weiter im
Bewusstsein imd bringt seine Empündungen mit der all-
gemeinen Natur in Einklang. Bei den einzelnen Menschen
sind diese drei Entwickelungsstufen oft Weder scharf
gesondert noch vollständig erkennbar, weil der Einzelne
nicht die Kraft fortwährenden und regelmässigen Strebens
hat, sondern vielmehr bald, soweit der Zufall ihm Bildung
verschafft hat, sich iixirt und schon frühzeitig auf seinen
Lorbeeren ruht. In der Kunst dagegen, auf dem Boden
scharfer Sonderung und reiner Gestaltung prägen sie
sich entschieden aus.
Daher kommt denn auch in jeder der drei Künste,
wie sie sich nach den Stoffen theilen, der Geist in den
drei EntWickelungsformen vor, und da dieser Veränderung
des Geistes auch eine Veränderung der Form entsprechen