42 Einleitung.
und des Klanges ist die Musik, die Kunst der Vorstel-
lung und der Sprache die Poesie.
Reinhaltung dieser elementarischen Grundstoffe ist
die Bedingung der Kunstschöilheit, ohne diese fallt sie
sogleich wieder den Mängeln der Wirklichkeit anheim.
Aber dennoch soll uns jede Kunstgattung in ihrer Weise
ein Vollendetes Bild gewähren. Ist nun jeder Stoff für
ein Moment der Schönheit besonders günstig, so müssen
doch auch die andern Momente ihm angeeignet werden,
so jedoch, dass das Einheimische auf dem Boden jeder
Kunst das Fremde beherrscht. In der bildenden Kunst
ist vorzugsweise das Reich des Friedens und der Ruhe,
in der Musik das der Bewegung und der nach Aussen
hinstrebenden Innerlichkeit, in der Poesie das der Kraft
und Wirksamkeit. Jede aber muss sich auf ihrem Boden
die Vorzüge der andern aneignen. Die Poesie bedarf
des wohllautenden Wechsels und der sehnsüchtigen
Innerlichkeit der Musik , sie theilt mit der bildenden
Kunst die Rücksicht auf Verhältnisse, auf ruhige Ge-
staltung, sie findet mit einem Worte in jenen beiden
Künsten der Form die Regeln des Maasses, sie behan-
delt und modelt sie nur nach ihrem eigenen Gesetze.
Die bildende Kunst lässt an den Gestalten das Streben
zeitlicher Bewegung und Entwickelung erkennen, nimmt
aus der Musik die Form der Selbstständigkeit des Ein-
zelnen, des Gegensatzes und der Harmonie auf, sie wett-
eifert mit ihr in der Innigkeit der Empfindung und der
Sehnsucht, sie durchdringt sich mit dem Ernste der Be-
deutung und des Charakters, wie die Poesie ihn ent-
wickelt und geht zum Pathos des Handelns und Leidens
über. Die Musik endlich bleibt nicht bei vereinzelten Klän-
gen stehen, sie setzt. eine Mehrheit derselben neben