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Einleitung.
Indessen gewährt noch keine dieser drei Formen,
in welche wir bei dieser ersten rohen Trennung die Er-
scheinung zerlegten, uns ein wahrhaft Schönes. Das Bild
der vorstellenden Erinnerung ist dunkel und verwirrt, die
Erscheinung des Räumliohen erstarrt und leblos, die
{Xeusserung des Zeitlebens mangelhaft und unzusammen-
hängend. Die Mängel der Wirklichen Erscheinung haften
noch an jeder der so gewonnenen Anschauungen.
Nehmen wir einen weiteren Reinigungsprozess im
Wege des Gedankens vor, so kommen wir zwar auf
einen festen Boden, aber noch unerfreulicherer Art. Denn
dann linden wir den Begriff des Raumes, als der unbe-
gränzten, gleichtheiligen Ausdehnung, den der Zeit als
der unaufhaltsamen ermüdend und fruchtlos fortschreiten-
den Bewegung, den des Lebens selbst als den rastlosen
Wechsel von Ursachen und WVirkung-en. Jene beiden
als die leeren Formen, diese als den stoffartigeil, zer-
stückelten Inhalt.
Bis zu dieser Tiefe des einsamen abstracten Begriffes
darf die Kunst nicht hinabsteigen. Sie muss den Raum,
die Zeit, die Vorstellung des Lebens schon als erfüllte,
kräftige Stoffe erfassen, in welche sich die geistige
Thätigkeit des Künstlers versenken und aus ihnen die
vollen Bilder der Erscheinung hervorloeken kann. Sie
muss also den Raum schon in solcher Erfüllung erfassen,
dass (laran die Entwickelung des Zeitlebens, und die
Kraft und Bedeutsamkeit der Dinge, die Zeit so, dass
räumliche Sonderung und Begränzung daran sichtbar sei,
und ebenso die Vorstellung in begränzter gegliederten-
Gestalt, Zeit und Raum durehdringend und belebend. Sie
reinigt daher jene rohem Bilder der Wirklichkeit bis
dahin, dass jedes jener lülemente als ein fester Stoff