Das
Symbol.
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Werth und ihre Bedeutung hat, 'dass sie über die Grän-
zen des Wortes hinaus greift. Das Ideelle des Kunstwerkes
besteht theils darin, dass es einzelne, zarte Züge des
natürlichen Gegenstandes, welche in der Wirklichkeit
von der materiellen Bestimmung des Dinges gleichsam
beschattet und vertilgt werden, hervorhebt und ausspricht,
ihnen eine Sprache leihet, welche sie sonst nicht besitzen,
dann aber auch besonders darin, dass es die mannigfal-
tigen Beziehungen und Gesetze der Natur, welche der
Gedanke und das Wort immer nur getrennt und einzeln
auffassen können , zusammenfasst und gleichsam in
einen Brennpunkt vereinigt, von welchem aus sie unser
Gefühl mit erhöhter Wärme berühren. Könnte man nun
auch die Summe dieser mannigfaltigen Beziehungen in
einem geistreichen Worte concentriren, so würde dies
doch immer schon etwas von der beschränkten Bestimmt-
heit des Gedankens und des Wortes an sich tragen,
und jene zauberische Wirkung des Kunstwerkes, welche
durch die zwar unbestimmte, aber auch unendliche Man-
nigfaltigkeit der darin anklingenden Beziehungen entsteht,
wäre verloren gegangen.
Hiezu kommt nun noch, dass das Wort: Symbol
stets die N ebenbedeutung eines Gedankens hat, welcher
nicht völlig Eins mit dem Dargestellten ist, sondern
durch dasselbe wie durch ein Zeichen repräsentirt wird.
Es giebt in der That einen Zustand der Seele und der
Kunst, wo sie ,i nicht von der Natur, sondern vom Ge-
danken ausgehend, für denselben ein sinnliches Zeichen
sucht, welches dann dem Gedanken wohl ähnlich und ent-
sprechend, aber niemals ihm gleich sein kann. Diese
Richtung ist schon eine Regung des Kunstsinnes, aber
des noch nicht völlig ausgebildeten und bildet eine Vor-