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Einleitung.
herrschte das Sinnliche, sei es in der Gestalt des Lieb-
lichen und Angenehmen oder in der des äusserlich Im-
ponirenden. In der Theorie dagegen hatte man den Begriff
des Schönen bis zu einer abstracten Leerheit ausge-
höhlt, welche eine praktische Anwendung unmöglich
oder unfruchtbar machte. Daher empfand man denn,
dass jedem Kunstwerke ein eigenthümlicher, bestimm-
terer Gedankeninhalt zum Grunde liegen müsse, und
ein geistreicher Schriftsteller, Friedrich Schlegel, wel-
cher die Gabe hatte, den neuen Ansichten durch ein
kühnes Wort Bahn zu brechen, sprach daher aus, dass
jedes Kunstwerk eigentlich eine Allegorie sei. Andere
fanden indessen diesen Ausdruck zu stark, und hielten
es für nöthig, dieses allgemeine Erforderniss eines in-
wohnenden Gedankens von der absichtlich allegorischen
Verknüpfung eines Begriffs mit einem an sich fremdar-
tigen Bilde zu unterscheiden. Daher kam man denn darauf,
jenes mit dem Worte des Symbolischen zu bezeichnen.
Auch in einer anderen, verwandten Beziehung kann
gleichzeitig dasselbe Wort in ausgedehnte Anwendung.
Der berühmte Gelehrte, welcher sein grosses Werk:
Symbolik nannte (Grenzer), hatte es sich zwar zu-
nächst zur Aufgabe gemacht, nachzuweisen, dass in den
religiösen Mythen der alten Völker bestimmte Gedanken
verborgen und eingekleidet seien, er beschäftigte sich
daher nicht unmittelbar mit der Kunst. Indessen war sie
doch seinem Gegenstande nicht ganz fremd, und er un-
terliess nicht in der Einleitung bei der Entwickelung des
Begriffes und der Gattungen des Symbols auch das
plastische Symbol, welches sich auf der zarten Mitte
zwischen Geist und Natur" halte, mithin die eigentliche
Kunst aufzuzählen.