Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Einleitung. 
die Kunst, weil sie aus demselben religiösen Sinne her- 
vorgeht, kann die einzelnen moralischen Vorschriften, 
wenigstens in ihrer höhern Wahrheit und soweit sie 
nicht bloss dürftiger Nothbehelf einer ungeschickten Pä- 
dagogik sind, nicht verletzen, ohne selbst darunter zu 
leiden. Die Moral darf aber hier von der Kunst nichts 
erwarten. In jenem höhern Gebiete ethischer Vollendung 
und unbewusster Uebung des Guten ist aber die Kunst 
wahrhaft Vorbild der Ethik, indem sie die höchste 
Durchbildung des Aeussern durch die innere Regel, die 
liebevollste flingebung und die würdigste Haltung anschau- 
lich macht, dadurch den Sinn für das Edle und Anständige, 
für das Kräftige und Beharrliche stählt, und überhaupt, 
jedes Mal in verschiedener Weise, reinigend, erhebend, 
belebend auf das Gemüth wirkt. 
Diese religiöse und moralische Bedeutung wohnt 
jedem wahren Kunstwerke "bei, aber natürlich in so ver- 
schiedenen Formen, als die Kunstwerke selbst und ihre 
Gegenstände verschieden sind. Es versteht sich von 
selbst, dass die Kunst ihre Aufgaben nicht ausschliesslich 
aus dem Gebiete der Religion und Moral nimmt, dass 
sie überhaupt nicht auf das Bedeutende und Hohe in der 
Welt beschränkt ist. Vielmehr giebt es keinen Gegen- 
stand, der zu unbedeutend für die Kunst und nicht ge- 
eignet wäre, von ihr behandelt zu werden, und in jedem 
klingt denn auch etwas von jenen höhern geistigen Be- 
ziehungen an. Sie hängen untrennbar mit dem Wesen 
der Schönheit zusammen, und die Aufgabe der Kunst 
besteht gerade darin, die Geistigkeit des Sinnlichen, die 
Bedeutung des Unbedeutenden , die Verbindung des 
Kleinsten und Aeusserlichsten mit dem Höchsten zu zei- 
gen. Der Mensch tritt in der Kunst gleichsam als der
	        
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