Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

Die Idee des Kunstwerkes. 25 
stehen verdankt, aus einem religiösen Bedürfnisse ent- 
sprang, indessen verdient es eine nähere Betrachtung, 
wie dieses Religiöse sich zu der Frömmigkeit im gewöhn- 
lichen Sinne des VVortes verhält. Die Beziehung auf 
Gott, den Schöpfer des Menschen und der Welt, liegt 
eigentlich allem Thun des Menschen zum Grunde; sie 
ist das Ziel seines Denkens und die höchste Regel seines 
Handelns. Durch die Llnvollkommenheit der menschlichen 
Natur und die Noth des Lebens wird sie aber in den 
Hintergrund gedrängt, und der fromme Mensch ist daher 
genöthigt, ihr besondere Momente, Betrachtungen und 
Andachtsiibungen zu widmen. Indem er sich hiedurch 
unmittelbar zu seinem Schöpfer erhebt und die Gebete 
und Offenbarungen desselben aufzufassen bemüht ist, 
betritt er den Boden des Gedankens und entfernt sich 
von der Natur. Diese eigentliche Religiosität hat überdies 
in der Vorstellung der Selbsterrettung einen Anklang 
V0l1 egoistischer Richtung, durch den sie bei minder 
vollkommener Lehre zu einem äusserlichen Buchstaben- 
(lißnst, zu trüber Weltverachtung, zum geistlichen Hoch- 
muthe sich hinneigen kann. Auch in der wahren Religion 
aber behält die Frömmigkeit immer die Einseitigkeit der 
menschlichen Natur; sie muss sich des Wortes bedienen 
und bleibt dadurch auf dem Boden des subjeetiven Den- 
kens und Fühlens. Die Natur entgeht ihr mehr oder minder, 
obgleich auch sie Werk und Offenbarung des Schöpfers ist. 
Daher giebt es denn nothwendig neben dieser, wenn 
ich so sagen darf, theologischen Frömmigkeit eine andere, 
ergänzende Richtung des frommen Bewusstseins, welche 
zunächst nur an die Natur sich Wendet, aber auch sich 
ihr uneigennützig und mit voller Liebe hingiebt. Der 
(ieist kann nur den Geist lieben, die Seele versteht in
	        
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