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Einleitung.
ken an Bestimmtheit und Schärfe naehsteht, nicht bloss an
Wärme, sondern selbst an Tiefe einen Vorzug vor ihm.
Fragen wir, nachdem wir so uns über die Idee des
Kunstwerkes in formeller Beziehung verständigt haben,
in materieller nach ihrem Inhalt, so ist es klar, dass
nicht etwa der Begriff der Schönheit an "sich oder die
allgemeine Vorstellung höchster Einigung des Leiblichen
und Geistigen die Idee des einzelnen Kunstwerkes sein
kann. Dieser Begriff liegt dem Bedürfnisse und Triebe,
aus dem die Kunst hervorgeht, zum Grunde, das aber,
was die Seele des einzelnen, bestimmten Kunstwerkes
ausmacht, ist etwas sehr viel Bestimmter-es. Ebenso
wenig aber kann es die bestimmte Vorstellung des ein-
zelnen, wirklichen ausgeführten oder (largestellten Dinges
sein, denn diese würde uns ja wieder in die Unvollkom-
menheit und den Zwiespalt der irdischen Dinge zurück-
führen. Noch weniger endlich ist es irgend ein anderer,
wenn aueh dem Gegenstande verwandter Gedanke, denn
dieser würde in seiner Bestimmtheit sich immer von der
vollen Wesenheit des erscheinenden Gegenstandes ab-
lösen und höchstens demselben äusserlich angeheftet er-
scheinen. Die Idee des Kunstwerkes ist daher zunächst
immer nur die Vorstellung des Gegenstandes, aber her-
ausgehoben aus der Trübung der Elemente der Wirklich-
keit, und durchdrungen und verklärt von der Wärme und
Bestimmtheit des frihlcnden Geistes, wodurch dann sein
Verhältniss zu der Unendlichkeit der Dinge, der WVider-
schein der höchsten Gesetze des Geistes in der Materie,
die zarten Beziehungen des Weltlebens anschaulich und
in einer wohlthätigen Harmonie hervortreten.
Jedes wahrhafte Kunstwerk hat deshalb eine religiöse
Bedeutung, wie ja schon rler Trieb, dem es sein Ent-