Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

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Aegyptische 
Sculptur. 
nicht hineinbilden , sondern nur in eine abenteuerliolle 
lßlährchenwelt hinausschweifen konnte. Daher entstand 
auch hier weder ein edler sittlicher Zustand, 
Poesie oder Wissenschaft. 
noch höhere 
Der jüdischen Weltansicht, obgleich sie eine viel 
reinere war, lag eine ähnliche dualistische Scheidung von 
Geist und Natur zum Grunde, welche zwar nicht zum 
religiösen Bewusstsein kam , aber in praktischer Beziehung 
dennoch Einfluss hatte. Indem die Juden xiicht aus der 
Natur , sondern nur aus der Offenbarung, durch das 
WVort unmittelbar belehrt zu sein meinten, bildete sich 
eine Nichtbeachtung des natürlichen Elementes, welche 
theils die Gestaltung ungeregelter Sitte, theils ein hoch- 
müthiges Ueberheben über die Natur und über die anderen 
Völker der Erde herbei führte. Eigentlich künstlerisches 
Bedürfniss konnte hier ebensowenig, wie bei jenen Han- 
delsvölkern und den Persern entstehen, aber der höhere 
religiöse Schwung des Geistes und die Erhebung über 
die Gemeinheit des Bedürfnisses bildeten unbewusst das 
poetische Element zur begeisterten Prophezeiung oder 
zum frommen Psalm aus , so dass sie im Gegensatze 
gegen die stummen, bildenden Künste der Aegypter die 
Kunst des Gesanges und des Liedes hervorriefen. Ihrem 
sittlichen Leben fehlte aber, bei aller Vortrelflichkeit der 
Lehre, die Festigkeit, Regelmässigkeit und "Mässigung 
der gäegypter. Wie bei den Persern die WVillkür des 
Despotismus, verhinderte hier das Schwanken und die 
Unhaltbarkeit des theokratisehen Regiments die Ausbil- 
dung jener ruhigen und wohlgeordneten Gesinnung, wel- 
che allein die Grundlage aller Sittlichkeit ist. Aber wir 
können auch tiefer gehn. In der Beziehung des einzelnen 
Geistes auf sich liegt der Keim des Bösen; gesellt sich
	        
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