Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

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AegYPi-ischc 
Sculptur. 
Lebens zugestehen. Auch in Beziehung auf das enge 
Anschliessen der Architektur an die Natur ist noch eine 
Verwandtschaft 
Allein 
schon 
(larin 
Weichen 
beide 
ab , dass die ägyptische ihre_ Werke, wenn auch Natur- 
nachahniungen, in freier Schöpfung hinstellte, die indische 
mit der Natur verwachsen liess. In der Verbindung der 
Natur und Kunst ist also in Indien die Natur, in Aegyp- 
ten die Kunst vorherrschend. Damit hängt es zusammen, 
dass während hier ltlaass, Regel und Kraft, die Eigen- 
schaften des Geistes, hervortreten, dort der wilde WVeehsel 
der Formen, Welchen die Natur dem in ihr Geheimniss 
uneingeweihten Auge zeigt, und der Charakter schlaffer 
Auflösung, welchen sie nur dem unselbstständigen Geiste 
verleiht, verwalten. In Beziehung auf die bildende Kunst 
und auf ihr Verhältniss zur Natur ist also der Geist des 
alten Aegyptens dem der Inder vorgesehritten. In andern 
geistigen Beziehungen dagegen haben diese unläugbar 
den Vorzug. Eine reiche, höchst regelmässig und wohl 
gebaute Sprache, Buchstabenschrift, seit den frühesten 
Zeiten eine vielgestaltige wissenschaftliche Litteratur, 
eine erhabene Poesie voller Gefühl und Leben, in allen 
Gattungen ausgebildet, sind das unbestrittene Elgßlltlllllll 
der Inder. Schätze, auf welche Aegypten nicht den 
entferntesten Anspruch machen kann. 
Endlich in sittlicher Beziehung scheint die Waag- 
schale zu schwanken. Den Indern kann der Vorzug 
milderer Sitte, zarterer Empfindung, feinerer moralischer 
Unterscheidung, überhaupt einer tiefern Innerlichkeit nicht 
abgesprochen werden, aber sie sind unzuverlässig, schwan- 
kend, willkürlich, durch Blut und Ausschweifungen bcfleckt. 
Die Aegypter dagegen, wenn auch gröbefll Sinnes, in 
der freien Entwickelung der Individualität hinter jenen
	        
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