Volltext: Geschichte der bildenden Künste bei den Alten: Die Völker des Orients (Bd. 1 = [1], Bd. 1)

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Sculptur. 
Aegyptisclne 
wissheit anzugeben ist, die aber ohne Zweifel nicht auf 
irgend eine gemüthliche Eigenthümlichkeit, sondern nur 
auf das dem Gotte zugeschriebene N aturelement hindeuten. 
Dieser Mangel des persönlichen Ausdrucks ist die 
Ursache, dass uns die Thiere der ägyptischen Sculptur 
gelungener scheinen, als die Menschen. An dem Thierc 
genügen jene allgemeinen Züge, die regelmässige Bildung 
der Glieder und die Andeutung körperlicher Bewegung; 
man vermisst nicht den Ausdruck des Charakters wie 
an den menschlichen Gestalten. Dennoch muss man an- 
erkennen, dass in der Auffassung des menschlichen Baues 
in seiner schönen Regehnässigkeit, wie wir ihn hier fin- 
den, sich ein weiter entwickelter Schönheitssinn als in 
den Thiergestalten bewährt. Es liegt darin immerhin 
eine Empfänglichkeit für geistiges Leben im Allgemeinen, 
für Regel, Ordnung, Sitte; aber grade weil hier schon 
so viel gegeben, machen wir höhere Anforderungen, und 
_der Mangel des freien , individuellen Charakters giebt 
diesen wohlgebauten Gestalten etwas Starres und Leichen- 
haftes. Auch die Thiergestalten sind in der freien Sculp- 
tur durchweg ruhig, und zwar liegend dargestellt, auf 
den Reliefs dagegen oft höchst lebendig und mit freier, 
natürlicher Bewegung. Der Pferde an den Streitwagen 
ist schon gedacht, nicht minder charakteristisch sind die 
Stiere auf den ländlichen Bildern in den Hypogäen behan- 
delt. Auf der Darstellung einer Löwenjagd (in Medynet- 
Abu) stürzt der getroffene Löwe auf den Rücken; in 
einer Kriegsscene (in Ipsambul) sieht man am Fusse der 
feindlichen Burg die Heer-den, welche vom Kriegsschau- 
platze fortgetrieben werden, wo denn Stiere und Ziegen, 
von der Geissel des Hirten geängstiget, höchst lebendig 
und natürlich springen.
	        
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