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AegYPtische
Architektur.
heit eine fremdartige, und wir könnten sie uns nicht wie
die griechisch-römische Architektur aneignen. d)
Aus den Zeichnungen, die wir in so grosser Zahl
von so grossartiger und vortreiflicher Ausführung besitzen,
glauben wir uns eine ziemlich vollständige Vorstellung
von der Schönheit der ägyptischen Bauten machen zu
können. Allein alle Reisenden stimmen überein, dass
hier noch viel übrig bleibe, was keine Nachbildung zu
ersetzen vermöge. Es ist dies die Uebereinstimmung mit
den natürlichen Umgebungen; der Eindruck dieser weiten
Bergzüge, des grossen Stromes, das ungetrübte, warme
Licht der südlichen Sonne vom reinen Himmel im), alles
dieses gehört dazu, um die Bauten zu verstehen, und
darin grade liegt die Meisterschaft ihrer Urheber, dass
sie den richtigen Ton, der mit diesen Umgebungen so
genau harmonirte, zu linden Wussten.
Aber dennoch geben uns diese Zeichnungen, was
ilmen auch fehlen mag, ein schon höchst verständliches
Bild des Charakters, ja sie lehren uns, die wir die Gegen-
den nicht mit eigenen Augen sahen, selbst den Charakter
jener Natur, mit der sie so unzertrennlich harmoniren,
i) Es ist freilich nicht dafür zu stehen, dass gewisse Architek-
ten, welche so gern die Städte in Museen verwandeln, in denen sie
Bauwerke der verschiedensten Zeiten und Zonen zusammen stellen,
nicht auch, ägyptische Bauten zu uns verpflanzen. Hat doch schon
Wiebeking in der bürgerlichen Baukunde den Vorschlag zu einer
Normalkirche gemacht, in welcher das Aeussere griechisch, das Ge-
wölbe gothisch, die Säulen aber ägyptisch sein sollen!
H) Parthey, de Philis Insula, von der Vorhalle sprechend, ver-
sichert, er habe die genauesten Abbildungen matt gefunden. Die
Verhältnisse des Gebäudes, die Ornamente und Farben könne man
sorgfältig nachahmen, aber nie erreiche das Bild diese Durchsichtig-
keit der Schatten, den reinen Glanz des Himmels, welcher bei der
unwandelbaren Heiterkeit des Tages die Insel beleuchte. Aelmlicli
Jollois über Theben in Descr. de llEg. Ant. Tom. II. S. 586.