Aesthetische
WVürdigung.
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der bestimmte
Volkes.
individuelle
Charakter
des
ägyptischen
Für uns ist etwas Fremdartiges in dieser Schönheit,
sie ist überhaupt nicht jedem Lande, nicht allen Ge-
schlechtern der Menschen gemäss. Strabo, der gelehrte
und kluge griechische Reisende aus Augustus Zeit, be-
suchte Aegypten selbst, und wir, haben uns seiner Be-
Schreibung von der Anordnung ägyptischer 'l'empel schon
oben bedient. In dieser Beschreibung kommt eine höchst
merkwürdige Stelle vor. Nachdem er die übrigen Theile
geschildert, erwähnt er zuletzt noch des vielsäuligen
Raumesxund zwar in folgender Art. „Auch ist da noch,
wsagt er, ein gewisser vielsäuliger Raum von barbarischer
„(fre1ndartiger) Anordnung, denn ausser dass er voll von
wvielen und starken und in vielen Reihen aufgestellten
"Säulen ist, hat er nichts Schönes, nichts Bildliches,
wsondern scheint ein sehr thörigt Werk zu seinag). Den
heutigen Verehrern der ägyptischen Architektur ist dies
unbegreiflich gewesen, weil diese Säulen schon an sich
selbst schön, überdies ganz mit Malerei bedeckt sind,
und überhaupt der ganze Raum ihnen sehr imponirte.
Allein offenbar spricht hier in dem vielgereisten, gebil-
deten Manne dennoch der Grieche mit seinem nationellen
Schönheitsbegrilfe , dem dieser Wald von Säulen, die
Häufung im innern Raume zuwider und unverständlich
ist. Selbst für unsere kosmopolitische Zeit, in Welcher
die Nationalgeister noch sehr viel mehr als im römischen
Reiche sich einander genähert haben, bleibt jene Schön-
ü) Lib. XVll. pag. 806: oäkld ywrcuoa-roviocv äycfJaLv-a
gadllov; vielleicht ein noch stärkerer Ausdruck, als der im Texte
gcuüillltv.