Perioden.
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genialsten freiesten Zeit hervorzuheben. Etwas Später
würden wir den Tempel von Edfu zu setzen haben, der
sich, wiewohl noch von hoher und strenger Schönheit,
von jenen dadurch unterscheidet, dass die ganze Anlage
nicht wie bei ihnen allmälig entstanden, sondern nach
einem das Ganze umfassenden Plane gegründet erscheint,
weshalb denn eine Mauer das Ganze einschliesst und die
einzelnen Theile auf sehr bestimmte einfache Zahlenver-
hältnisse gebracht sind. Wiederum etwas später werden
die Gebäude entstanden sein , bei welchen theils zartere
Verhältnisse, theils manche Abweichungen von dem ur-
sprünglichen Kanon zu bemerken sind , wie die Tempel
von Philae und Elephantine, der Tempel von Hermonthis
mit seinem offenen Säulenhofe, endlich der Tempel von
'l'entyra. Ein Kennzeichen späterer Entstehung mag es
sein, wenn die Pylonen nach Verhältniss ihrer Breite
höher, mithin schlanker gemacht sind. f)
Ohne Zweifel wird es auch eine Periode des Ver-
falls gegeben haben, in welcher der Sinn der einheimi-
schen Baumeister, durch die Bekanntschaft mit griechi-
schen Bauten befangen gemacht, die frühere Sicherheit
und Klarheit eingebüsst und llrlischlingsformen erfunden
hatte. Indessen mag dies weniger in Oberägypten vor-
gekommen sein, wo die unzerstörbare Pracht der ältern
Gebäude den spätem Generationen blieb und neue Bauten
4') Die ganze Breite des grossen Pylonenthors von Karnak ist
348 Fuss, (wovon 20 Fuss auf die Thürölfnung kommen) die Höhe
134 Friss, diese mithin bedeuiend geringer als die Breite jedes ein-
zelnen Pylonenthurms von 164- Fuss. An dem Tempel zu Edfu ist
diese Breite jedes Thurms genau der Höhe gleich (106 Fuss). Dßln
kleinen Palast in Gilrnali ist sogar bei einer Breite von '72 Fuss (Iing
Höhe von 90 Fnss gegcben- S- Dr. Parthey (lc Philis insula und
Desrr. de liEg. Ant. II. S. 411. VII. 97.
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