402
Aegyptische
Architektur.
ner als der obere Theil des Kapitals, dessen Ränder daher
nicht belastet sind, an den knospenförmigen Kapitälen
hat er häufig die Breite des obern eingezogenen Theiles
der Knospenform. Auf diesem Würfel liegen denn die
Steinbalken, Welche den (wie schon erwähnt, nicht weiter
architektonisch verzierten) Architrav bilden, und es ent-
steht daher da, wo das Kapitäl breiter ist als der Würfel,
zwischen diesem breitern Theile und dem entsprechenden
des Balkens eine Lücke, welche mit der sonstigen,
augcnscheinlichen Festigkeit des Baues nicht harmonirt.
Die Mannigfaltigkeit gehörte den Aegyptern so sehr
zum Wesen der Säule, dass auch die Säulen und nament-
lich die Kapitale in einer und derselben Reihe gewöhnlich
nicht gleich bleiben, sondern wechseln, doch stets mit
symmetrischer Wiederholung. Bei den Säulenreihen,
welche die Längenrichtung des Gebäudes haben, also z. B."
bei den Säulen zur Rechten und Linken des Weges in
den Vorhöfen, sind daher stets die einander gegenüber
stehenden Säulen gleich. Bei Säulenreihen in der Brei-
tenrichtung, also bei den Säulen des vielsäuligen Raumes
geht die symmetrische Beziehung von der Mitteaus, so
dass zuerst die beiden Säulen neben dem lilittelgange,
obgleich unmittelbar neben einander stehend, dann die
auf jeder Seite benachbarten, dann das dritte Paar, glei-
che Kapitäle haben. Es ist dies ein merkwürdiger Be-
weis, wie sehr die Aegypter ihre Architektur perspecti-
visch betrachteten; diese eine Reihe wird nicht wie eine,
dem Besehauer als ein Ganzes entgegenstehende Linie
angesehen, sondern als ob sie durch das Zusammenrüßken
oder gleichsam Aufmarschieren zweier Säulenreiheil ent-
standen wäre; sie deutet daher auch die perspeetivische
Auffassung aus einer angemessenen Ferne an. Bei dieser