Die.
Schönheit.
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Das wahre, höhere Kunstwerk wird nur mit be-
wusstem Sinne erschaffen, mit einem Bewusstsein aber,
das eben so weit von der harten Absichtlichkeit wie von
der leichten Zufälligkeit entfernt ist. Es ist dies eine
Forderung, die fast an den Widerspruch gränzt; denn
das Bewusstsein bei der Ausführung scheint die Absicht
der Vollendung vorauszusetzcn. In der That wäre es
auch schon eine Absichtlichkeit, welche die Schönheit
zerstören würde, wenn der Künstler sich oder andern
den Begriff der Schönheit, das Ideal in höchster Gestalt,
zu versinnlichen strebte; schon dieser, Wenn auch reine
und erhabene, Zweck hat den selbstischen Beigeschmack
der Absichtlichkeit und streift den Blüthenstaub freier
Schönheit von dem Erzeugniss ab. Ueberall, in allen
Stadien der Entstehung, muss sich also in der Seele des
Künstlers mit der Klarheit des Bewusstseins die Unbe-
fangenheit und;Unwillkührlichkeit des Natürlichen ver-
binden. Wie die Sehnsucht nach dem Schönen in der
Seele entstanden, durch die Natur aber angeregt und
gross gezogen ist, so bildet sich auch die nähere Vor-
Stellung davon im heitern spielenden Verkehr der Phan-
tasie mit der Erscheinung, und tritt wie aus eigener,
innerer Kraft immer deutlicher und bestimmter hervor,
bis sie reif ist, sich dem verwandten Stoffe zu vermählen.
Die Phantasie also, aber belehrt und gezügelt durch die
VVirklichkeit ist die innere Werkmeisterin der Kunst.
Der Gegenstand der Begeisterung ist dem Künstler nicht
das Schöne, sondern die Natur und die bestimmten Ge-
stalten der Natur, ,welche in ihm die Vorstellung des
Schönen hervorrufen. Das Bedürfniss, diese Vorstellung
ZU verkörpern, ist wiederum nicht eine Absicht, sondern
ES äussert sich nur als Liebe und Freude an den Er-
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