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AegYPtische
Architektur.
Was man auch von dieser Mutlnnassung halten mag,
so ist wenigstens gewiss, dass die Abweichung der Py-
ramiden von den übrigen ägyptischen Bauten zu gross
ist, um ihnen einen gemeinschaftlichen Ursprung zuzu-
sprechen. Man hat häufig einen urgeschichtlichen Zu-
sammenhang der Aegypter und Inder vermuthet und durch
Aufzeigung des Verwandten in Cultus, Sitten und Reli-
gionslehren zu begründen versucht. Auch die Pyramiden
mit ihrer festen, nichts als wenige Kammern enthaltenden
Resultat von Bunsens Forschungen übereinzustimmen. Andre nehmen
eine noch grössere Zahl an. Bei dem unsichern Stande der ägypti-
schen Geschichte mag es erlaubt sein, für jetzt noch diese Schlüsse
zu bezweifeln. Die Annahme eines so hohen Alters widerspricht
ganz der chronologischen Folge in der Priesterlegende, die Herodot
uns aufbewahrt hat, ilach welcher Cheops und sein Geschlecht nicht;
gar lange vor der Dodekarchie, jene Hyksos aber viele Jahrhunderte
vorher herrschten. S0 wenig zuverlässig jene Chronologie sein mag,
so fehlt es doch an einem Grunde, eine so bedeutende Entstehung,
und zwar bei Thatsachen, die zu Herodots Zeit noch nicht so gar
alt waren, anzunehmen. WVirklich finden sich grade in der Zeit, in
welche die Herrschaft des Cheops und seiner Nachkommen verlegt
wird, Spuren fortwährender Kämpfe zwischen Aethiopiern und Aegyp-
tern. Nach Diodor (I. 60.) hatte schon einige Zeit vorher der
Aethiopier Aktisanes Aegypten unterworfen. Nach ihm sowohl wie
nach Herodot folgt unmittelbar auf die Nachkommen des Cheops ein
anderer äthiopischer Eroberer Sabakon. Ist es da nicht sehr denkbar,
dass den ganzen Zeitraum hindurch Völkerziige äthiopischen Stammes
das reichere Aegypten bedrängten, zum Theil nur vorübergehend
siegten, zum 'l'heil aber dort sesshaft, und,_ wie es denn nicht aus-
bleiben konnte, durch die höhere Cultur der Einheimischen mit ihnen
verschmolzen wurden? WVar nun gleich Cheops aus äthiopische-m
Stanune entsprossen, so waren doch seine späteren Nachfolger eifrige
Verehrer der ägyptischen Götter, von den Priestern derselben gelobt
und geliebt. Den neuen Eindringlingen gegenüber, wenn auch wie
diese äthiopischen Ursprungs, bildeten sie daher mit den Aegyvtvrn
ein Volk und der zweite Einfall musste dazu dienen, die Erinnerung
des ersten zu schwächen. Jene zweite äthiopische Herrschaft des
Sabakon wurde aber nicht vergessen, weil er und die Seinigen sich
nicht mit. den Aegyptern mischten, sondern in ihre Heimath zuriickkehrlen.