Die
Pyramiden.
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freilich während jene Thürme sich nur wie schlanke
Nadeln in die Luft erheben, während die Mauern der
Kirchen und Paläste leere Räume umschliessen, ist die
Pyramide, wenige enge Gänge und mässige Grabkam-
mern abgerechnet, eine solide Masse. Den Vorzug der
Anhäufung des Materials, der Schwere, werden daher
die Pyramiden behalten Ü, aber in geistiger Beziehung
steht der kleine griechische Tempel, ebensowohl wie
die schlanke gothische Kirche unendlich höher, als diese
ungeheuren Steinmassen. Selbst im Kostspieligen, wenn
man darauf Werth legen will, übertrifft der gothische
Dom die Pyramide mit).
Stehen diese Bauten, die man sonst als die höchste
Leistung ägyptischer Kunst ansah, den übrigen WVerken
des Landes an Schönheit und künstlerischer Bedeutung
weit nach, so fragt sich, welchen historischen Zusam-
menhang sie mit ihnen haben. Annehmen, dass sie spä-
tere Erzeugnisse aus der Zeit des Verfalls der ägyptischen
Kunst seien, heisst dem xiatürlichen Gange der Dinge
widersprechen. Der Verfall des Geschmacks äusscrt sich
durch eine Inläufung des Mannigfaltigen, nicht durch rohe
Einfachheit. Auch als ein Erzeugniss eigenthüinlicher
Grabgedanken , welche die Nacht des Todes mit der
Leerheit einer gewaltigen schmucklosen Masse in Ver-
bindung gebracht hätten, können wir sie nicht ansehen,
scheinliche grüsste Breite der untersten Basis der Pyramide des
Cheops 232 mötres beträgt. Tom. VII. S. 31.
Die Masse ist auf mehr als 74 Millionen Cubikfuss berechnet.
Descr. de PEg. Ant. IX. S. 427.
M) Gau, Nubisch. Alterlh. Einleit. S. 10.
i'd) Gau, u. a. O. aaDCf Verfall der ägyptischen Kunst wird
ndllfCh die Pyramiden von Blemphis im Norden und durch die von
"Shandy im Süden bezeichnet."