Einleitung.
Sie ist also in der Reihe der wirklichen Dinge nicht
zu finden, und der Mensch muss daher, wenn er seinem
Bedürfnisse genügen will, zu eigner Thätigkeit schreiten;
er ist auf die Kunst angewiesen.
Man hat gegen diese Ansicht eingewendet, dass es
eine thörichte Anmassung sei, wenn dc'r Mensch sich
über den Schöpfer erheben, Besseres hervorbringen Wolle.
als dieser geschaffen. Allein das Werk der Kunst, dasSchö-
ne, soll nichts Besseres sein, sondern nur etwas Anderes,
als das Wirkliche. Wenn es ein Mangel der wirklichen
Dinge ist, dass sie nicht schön, so ist es wieder ein
Mangel der schönen Dinge, dass sie nicht wirklich sind. 1)
Indem das Schöne, obgleich sinnliche Erscheinung, den-
noch einfach und selbstständig sein soll, wie die Aeusse-
rungen des Geistes, ist ihm die Thatkraft und Wesen-
haftigkeit des Wirklichen versagt. Es greift nicht ein in
die grosse Kette der Ursachen und Wirkungen, es um-
fasst nicht die mannigfaltigen Stoffe und Grundkräfte der
Dinge, es steht einsam und eitel, in Vergleich mit den
Wirklichen Geschöpfen, da. Es giebt eine Schattenseite
der Schönheit, die sich in dem reizbaren Gemiithe der
Künstler geltend macht, die aber auch oft, wo nicht
immer, selbst ihren Werken einen, wenn auch nur leisen,
und dem schärfern Auge bemerkbaren, Anflug der Weh-
muth verleiht.
"Es giebt eine Kraft im menschlichen Geiste, welche
Zeugniss davon ablegt, wie sein Gemüth ihn zu dieser
unwirkliehen Schönheit hinzieht. Es ist die Phantasie,
die regsame, bildnerische Kraft des Innern, die täuschende
l) Raumer (ItalienTh. 2) sagt kurz und gut: Der entscheidende
Vorzug des Lebendigen ist, dass es lebt, der entscheidende Vorzug
des Kunstwerks, dass es nicht altert oder stirbt.