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Aegyptische
Architektur.
vermischten, oder dass jeder von ihnen ein anderes im
Auge hatte. An die Sage vom Memnon knüpfte sich
auch die Nachricht über die tönende Statue dieses Halb-
Gottes, welche während der römischen Zeit viel bespro-
chen und besucht wurde, und auch diese ist unzweifel-
haft gefunden.
Die erste Ruine auf diesem Nilufer ist ein kleineres
Gebäude von ungewöhnlicher Form, zweistöckig, festungs-
artig, aber in gutem ägyptischen Styl; die Franzosen
haben es den Pavillon genannt. Nicht fern davon bei
Medynet-Abu aber liegen die grandiosen Ruinen eines
gewaltigen Grabmonumentes oder Palastes. Durch ein
kolossales Pylonenthor tritt man in einen Säulenhof, dann in
einen zweiten, von Säulen und Atlanten umgebenen. Eine
weite Mauer umschloss die innern Räume, deren Einthei-
lungen aber nicht mehr kenntlich sind. Höchst merkwür-
dig ist das Bildwerk an diesen Wänden, weil es wiederum
die Bilderchronik der Thaten eines gewaltigen Kriegs-
helden liefert; Schlachten zu Lande in Kriegswagen und
zur See in grossen Flotten, Züge von Gefangenen, Lö-i
wenjagden und dergleichen. Champollion las hier den
Namen des Ramses-Meiamoun, des Hauptes der neun-
zehnten Dynastie, dessen Palast, nicht Grabmal, hier
war. Das besiegte feindliche Volk ist hier unbärtig dar-
gestellt, weshalb man auf Inder vermuthet.
In einiger Entfernung von Medynet-Abu ist ein lieb-
licher Akazienhain, in welchem der Boden weit umher
mit Trümmem von Granit, Marmor und Sandstein so
sehr bedeckt ist, dass sie hingereicht haben würden, die
Fläche einer ganzen Capitale zu schmücken. Bedeutende
Säulenüberreste, welche an einzelnen Stellen aufrecht
geblieben sind, werden ohne" Zweifel einem grossen