344
Acgyptische
Architektur.
umvirthliehen schäumenden Strome, war recht zu einer
'l'empclstätte im Sinne der alten Acgypter geeignet, wel-
che den Gegensatz der schützenden Götter gegen die
feindlichen Mächte der Natur so gern augenscheinlich
machten. Auch war Philae ein berühmter Wallfahrtsort;
es galt für die Grabstätte des Osiris, Isis selbst sollte
hier dem Gemahle den Tempel gebauet haben. Noch jetzt
sind die Ueberreste dieses Tempels wohl erhalten und
bezaubern durch die Schönheit ihrer Verhältnisse und
durch den Glanz ihrer Farben diejenigen , Welche so
glücklich sind, sie nicht bloss in Nachbildungen, sondern
in dem heitern Lichte und den tillfßllSlühtigßll Schatten
der tropischen Sonne und des stets unbewölkten Himmels
zu bewundern ü). Eine griechische Inschrift des Ptole-
mäus Alexander (107564 v. Chr.) welche sich an den
Pylonen findet, giebt über die Zeit der Gründung dieses
Tempels keine Auskunft, indem sie die Figuren der
Sculptur durchsclmeidet und mithin sichtbar neuer ist.
4') Vergl. Dr. Parthey de Philis Insula ejusque monumentis
connnehtalio. Berol1830. Die Annahnie dieses Reisenden, dass diese
Bauten nicht ägyptischen sondern äthiopischen Ursprungs seien, stützt
sich darauf, dass die Treppen der Insel und der Zugang des Tempels
nach Süden hin gelegen. Indessen ilürfte dieser Umstand nicht ent-
scheidend sein. Die ägyptischen 'l'en1pel sind überall nachdem Strome
zu gerichtet, also mit Rücksicht auf die Anlandenden. Nun scheint
aber der natürliche Landungsplatz in Philäi eben sowohl für die aus
Aegypteil als für die aus Nubien konnneizden auf der Südseite
der Insel zu sein. Die Katarakten machten den Wasserweg von
Norden her, Wenigstens den griissten Theil des Jahres hindurch, un-
fahrbar, und es führte daher von Syene eine sorgfältig angelegte,
durch eine Mauer gegen die YViiste geschützte Landstrasse über das
Gebirge bis an das Ufer in der Gegend von Philae. Hier mochte es
aber sehr viel rathsamer sein, mit dem Stroine auf der Südlichen
Seite an die Insel heran zu fahren, besonders da auf der nördliehcl,
Seite der Insel der Strom zwischen ihr und dem Ufer ziemlich schmal
ist und eine starke Wendung macht.