Hieroglyphen.
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des Gedankens, es fehlten Bindemittel, Zwisehenglieder,
aus welchen erst eine Gedankenreihe entstehen konnte.
Daher war es denn wohl nicht unnatürlich, dass man
neben andern Aehnlichkeiten, durch welche das Bild eines
Gegenstandes auf einen andern bezogen wurde, auch auf
Aehnlichkeit des Klanges gerieth, dass man eine abstracte
Vorstellung durch das Bild einer ähnlich lautenden, dar-
stellbaren Sache ersetzte, und demnächst zu immer nä-
herer Bestimmung dieser Wenig deutlichen Bezeichnung,
nach und nach mehrere, endlich alle einzelnen Laute des
Worts durch besondere, daran erinnernde d. h. mit diesen
Lauten anfangeude Bilder ausdrüekte. S0 konnte die
Hieroglyphensehrift sich ausbilden, ohne dass man wahr-
nahm, wie verschiedene Elemente sie enthielt, bis all-
mälig das Bedürfniss die schnellere Schreibart herbei
führte und nun Spätere die wesentliche Verschiedenheit
der Buchstaben und der Bilderschrift bemerkten. S0 er-
klärt es sich, dass grade die Aegypter, obgleich durch
ihre Bilderschrift von andern Völkern unterschieden,
nach den Nachrichten vieler alten, nicht unglaubwürdigen
Autoren für die Erfmder der Buchstabensehrift gehalten
wurden. Ja vielleicht ist dieser Weg der einzige, auf
welchem eine Buehstabenschrift entstehen konnte, die
erst bei andern Völkern , denenqsie überliefert war, die
Spuren ihres Ursprungs so gänzlich verlor, dass man sie
für eine willkürliche Erfindung halten mochte m).
Diese seharfsinnige Hypothese empfiehlt sich dadurch,
dass sie die Unwahrscheinlichkeit einer absiehtlichen
i) S. Champoliion, Pröcis. S. 284. IT. 310. Seine Gedanken-
reihe führt auf die Ansicht, wie ich sie im Texte entwickelt, hin,
OÜglCiCh er sie nicht bestimmt ausspricht, ja S. 310 sich ausdrücklich
dangegen verwahren zu wollen scheint.